Ehemaliges Literaturfestival nun kleiner und gemütlicher Stadtteil-Lesungen mit der Kulturbühne Fechenheim

Initiatorin Elke Dippel (stehend) begrüßte Autorin Christiane Landgraf zur Lesung in der „Cult fee“. Foto: sh

Fechenheim (sh) – Nach fünf erfolgreichen Fechenheimer Literaturfestivals hat die Initiatorin Elke Dippel gemeinsam mit ihrem Organisationsteam das Ereignis neu strukturiert. Von der „Kulturbühne Fechenheim“ werden nun viermal im Jahr Stadtteil-Lesungen veranstaltet. Das Team hatte zum zweiten Event der neuen Kulturbühne Fechenheim eingeladen.

Das einmal im Jahr stattfindende Fechenheimer Literaturfestival zu organisieren sei ein Kraftakt gewesen, erklärt Elke Dippel. Dabei galt es, mehr als 60 Autoren auf mehr als zehn verschiedene Lesungsorte im Stadtteil aufzuteilen, Zeitpläne zu erstellen und auf kurzfristige Änderungen zu reagieren. Für die Besucher sei es auch manchmal schwierig gewesen, sich bei dem riesigen Angebot an Lesungen zu entscheiden, erklärt Elke Dippel und eine ihrer Mitstreiterinnen, Undine Büch, ergänzt: „Jetzt finden die Stadtteil-Lesungen in reduzierter Form einmal im Quartal statt. Das ist für alle viel gemütlicher.“

Kulturbühne Fechenheim bietet Lesungen mit Musik im Stadtteil

Erste Erfahrungen sammelte das Team im März, bei der Premiere der Kulturbühne Fechenheim. Am vergangenen Samstag konnte bereits darauf aufgebaut werden. An vier Orten – im Café „Cult fee“, in der „Bäckerei Ewald“, beim Begegnungszentrum des Frankfurter Verbands und bei Optik Maschler – lasen insgesamt 14 Autoren, in den Pausen gab es Musik von Rockefeller Junior, Ton 3, Alexei Ulinici, Christian Falk und Jutta Loskill. Das Abschlusskonzert in der „Cult fee“ bestritten Rotten before Christmas.

Das literarische Programm war weit gefasst. Kinderbücher, Liebesromane, Krimis, Fantasyabenteuer, Gedichte und Humoristisches ließen bei den Bücherfreunden keine Wünsche offen. Gerne forderten die Autoren auch ihr Publikum zum Mitreden auf. So bei Christiane Landgraf, die mit ihrem Werk „Social Rating“ ein heißes Eisen anfasste. In ihrem Debüt-Thriller geht es um Jeff, der selbstfahrende Autos mit der nötigen Software ausstatten soll. Für den Programmierer stellt sich die Frage, wie sich das Auto im Fall einer Unfallsituation verhalten soll. Wessen Leben soll geschont werden? Landgrafs Geschichte spielt in der Zukunft, in der die Menschen einen Chip unter der Haut tragen, auf dem sämtliche sensible Daten wie Vermögen, Gesundheitszustand, Alter und Vorstrafenregister gespeichert sind. Jeff erhält von seinem Chef den Auftrag, die Autos so zu programmieren, dass jene Menschen mit gutem „Social Rating“ – sprich: für die Gesellschaft nützliche Individuen – im Fall eines Unfalls geschont werden sollen. Das Publikum beteiligte sich mit vielen Beiträgen an der anschließenden Diskussion.

Simone Weber aus Hanau präsentiert ihre „Dachbodenkinder“

Mit gruseligen Kurzgeschichten wartete die Hanauerin Simone Weber auf. Sie las aus „Dachbodenkinder“ – einer Geschichte um den kleinen Tom, der von seinen Eltern vernachlässigt wird und nach dem Umzug in ein neues Haus außergewöhnliche Freunde auf dem Dachboden findet, nämlich dort vergessene Kinder.

Einem völlig anderen Genre widmete sich Martin Berner, der die kürzeste Gedichtform der Welt vorstellte: Das japanische Haiku. Es gab viel Wissenswertes zur Geschichte und Form des Haikus, zu Übersetzungsproblemen und natürlich gab es auch Kostproben. Darunter sowohl deutsche Übersetzungen von japanischen Haiku-Größen wie Masaoka Shiki: „Weiße Tautropfen. Über dem Kartoffelfeld glänzt die Milchstraße“ und auch Berners eigene Haikus: „Opa hat gewonnen. Sie lädt ihn zum Geburtstag aus.“

Musik vom Fechenheimer Alexei Ulinici

Musikalisch erhielt Rockefeller Junior in der Bäckerei Ewald Unterstützung von Alexei Ulinici, der seit September in Fechenheim wohnt. Er trug „regionale Spezialitäten“ vor, indem er sich selbst an der Gitarre begleitete. Sein Ziel als Musiker sei es, im Alltäglichen das Besondere zu finden. So sei einer seiner Songs entstanden, weil er bei Glatteis an der Haltestelle „Arthur-von-Weinberg-Steg“ beim Einsteigen in die Straßenbahn hinfiel. Der Titel des Lieds lautete: „Auf dem Bahndamm scheißen die Hunde“.

Die kommende Lesungs-Veranstaltung der Kulturbühne Fechenheim ist am 9. September, im Dezember wird dann zu Adventslesungen eingeladen.

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