Das Leben steht in Ingrid Wilke-Burys neuestem Werk in Fokus Ein letztes Buch veröffentlicht

Die 84-jährige Ronneburgerin Ingrid Wilke-Bury hat mit „Leben und ein bisschen mehr“ ihr sechstes Buch veröffentlicht. Bild: patricia reich

Ronneburg – Krankheit, Corona und das Alter machen Ingrid Wilke-Bury zu schaffen. „Wenn ich das überlebe, dann schreibe ich noch ein Buch“, ist in ihrem neuesten Werk „Leben und ein bisschen mehr“ zu lesen. Damals stand sie kurz vor ihrer Brustkrebs-Operation. Eine erschütternde Diagnose, die die Einnahme vieler Medikamente und unliebsame Folgeerscheinungen nach sich zog.

Die Situation gab ihr zu denken, betrübte zuweilen und ließ sie resignieren, was sich auch in ihrem Buch widerspiegelt. Denn das vorgerückte Alter und die Pandemie „haben mich für lange Zeit schweigen lassen“, schreibt die 84-Jährige. Brauchbare Ideen für das Buch blieben aus. So entschloss sie sich, vorerst auf Gesammeltes zurückzugreifen. Jedes Kapitel im Buch steht für sich und ist mit einem ihrer vielen Gedanken gefüllt – vergangenen und aktuellen – die Wilke-Bury geradeheraus zu Papier brachte.

„Die Ideen kommen mir immer beim Bügeln“, erzählt Wilke-Bury. Sobald ihr ein Gedanke gefällt, wird er notiert. „Ich habe viele solcher Notizen.“ Wilke-Bury mag es, sortiert zu sein, wie sie in ihrem Buch beschreibt. Sei es, dass sie ihre 2200 Bücher, die im ganzen Haus zu finden sind, am Computer kategorisiert hat mit dem Hinweis, in welchem Zimmer und Regal sie genau zu finden sind. Aber auch den Tagesablauf notiert sie sich mittlerweile penibel und hakt „die Laufzettel Posten für Posten“ ab. Letzteres sei aufgrund ihres Alters mittlerweile unabdingbar, bedauert Wilke-Bury.

Viele Erinnerungen sind in ihrem Haus zu finden. Familienfotos, Kunstwerke, Filme, Musik und jede Menge Bücher. Neun Jahre lang engagierte sie sich in der Ronneburger Kulturinitiative, organisierte Fahrten, Führungen, Besichtigungen und Lesungen. Zudem singt die gebürtige Hanauerin, die in der „Hohen Tanne“ aufwuchs, im Chor, besucht bei jeder Gelegenheit Kulturveranstaltungen und preist, wenn sich die Gelegenheit bietet, ihre Werke an, beispielsweise beim Rodenbacher Künstlerfrühling. „Eigentlich bin ich ein Einzelgänger, aber gehe gerne unter Leute. Ich bin eben ‘die alte Wilke’“.

Insgesamt sechs Bücher sind es nun, die sie veröffentlicht hat. Darunter die „Feldpost“ ihres Vaters, dessen Originale in einer Truhe verstaut sind, Erinnerungen an Hanau während des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit („Ochs am Berg“), die Anfangszeit in Ronneburg („Grüne Hügel“) und Geschichten und Gedichte, die ihr durch den Kopf gehen („Momente“, „Auf einen Augenblick“). „Schreibe die Erinnerungen auf, sonst sind sie weg“, riet Wilke-Bury kürzlich einer Bekannten. So schweifen in ihrem neuesten Buch ihre Gedanken unter anderem zu ihrem Vorfahren, dem Maler Friedrich Bury, an den sie immer bei Kurzreisen nach Weimar denken muss – die sie mittlerweile nicht mehr antritt.

Das Geschenk eines Goethe-Bandes ihrer Enkelin lässt Wilke-Bury die Erinnerung an das Elternhaus und ihren Vater wieder aufleben und der Ukraine-Krieg gab Anlass, an ihre erste Reise in das Land zurückzudenken. „Und wenn zurzeit im Fernsehen tagtäglich grausamste Bilder und Geschehnisse aus dem wunderschönen Land Ukraine, die mutwillige Zerstörung dieser einst prächtigen Städte gezeigt werden, dann blutet mein Herz“, ist unter anderem in ihrem Buch zu lesen.

Bedacht werden in „Leben und ein bisschen mehr“ auch die Nachbarn der Autorin, darunter „die Vergessenen“, denen sie als Fazit eine E-Mail schreibt. Neben Kapiteln, die bereits 2016 zu Papier gebracht wurden, finden sich viele aus dem Jahr 2023 und das Werk endet, wie auch das kalendarische Jahr, mit Weihnachten und dem Jahreswechsel. „Wir alle müssen uns mit dem abfinden, was noch vor uns liegt“, sieht sie dem neuen Jahr im Buch entgegen.

Trubel brauche Wilke-Bury nicht mehr – früher war ihr Haus mit den zwei Töchtern (eine Tochter ist die bekannte Schriftstellerin Jutta Wilke), acht Enkeln und einem Urenkel bei Familienfesten stets belebt. „Es liegt ein langes, arbeitsreiches Leben hinter mir“, betont sie. „Man merkt, wenn man alt wird, dass das Leben schneller geht.“ Nun wolle sie Zeit und Ruhe zum Nachdenken, Rekapitulieren und Resümieren – so endet ihr Werk.

Im Gespräch sagt sie: „Ich schreibe, weil es mich befriedigt und ich Spaß daran habe.“ Daher leiste sie sich auch das „teure Hobby“. Denn bei der Veröffentlichung muss sie in Vorkasse gehen und vom Druck bis zum Papier und Lektor alles selbst zahlen. Wilke-Bury geht davon aus, dass es ihr letztes Buch sein wird. „Ich habe viele Ideen, aber nicht die Kraft.“ Ganz ausschließen möchte sie eine weitere Veröffentlichung aber doch nicht.

„Leben und ein bisschen mehr“ von Ingrid Wilke-Bury ist im Triga Verlag erschienen, umfasst 97 Seiten und ist unter der ISBN 978-3-95828-346-6 für 9,80 Euro erhältlich. Das Buch kann, ebenso wie ihre anderen Veröffentlichungen, auch direkt bei Wilke-Bury erworben werden. Weitere Infos unter ingridwilke.de.
 par.