Diakonisches Krankenhaus schließt Geburtshilfe-Abteilung Zu wenige Geburten

Hinweisschild zu Kreißsaal: Diesen wird es dort ab 1. Juli nicht mehr geben. Bild: Enrico Sauda

Sachsenhausen (sab) – Das diakonische Krankenhaus Sachsenhausen schließt zum 1. Juli seine Geburtshilfe-Abteilung. Die Gynäkologie sowie alle anderen Abteilungen bleiben erhalten. Für die Schließung gebe es drei Gründe, sagte Geschäftsführer Hubertus Jaeger bei einer Pressekonferenz. Zuvor waren die Mitarbeiter informiert worden.

Der erste Grund sei die geplante Krankenhausreform. Sie sieht vor, dass sich Kliniken auf bestimmte Leistungen konzentrieren, damit genügend Erfahrung im Haus vorhanden ist. Welche Klinik welche Leistungen anbieten darf, bestimmt das

Land Hessen, indem es sogenannte Versorgungsaufträge erteilt. „Und wir glauben, dass wir die Geburtshilfe in Zukunft nicht mehr als Versorgungsauftrag erhalten werden“, sagte Jaeger. Um „das Heft des Handelns in der Hand zu behalten“, habe man sich bereits jetzt zu diesem Schritt entschlossen.

Denn, und das ist der zweite Grund: „Die Abteilung ist schon seit Jahren strukturell schlecht refinanziert.“ Die Zahl der Geburten sinke deutschlandweit, während 2021 in seiner Klinik noch 1015 Kinder geboren wurden, waren es ein Jahr später nur noch 733, im vergangenen Jahr dann 598. „Und die Prognosen lassen keine Steigerung erwarten.“ Um wirtschaftlich zu sein, müssten es aber zwischen 800 und 1000 Geburten sein. Diese Unterfinanzierung gehe zulasten anderer Abteilungen, „und das wäre auf Dauer nicht im Interesse des Gesamtkrankenhauses“.

Der dritte Grund sei die Kündigung des bisherigen Chefarztes Professor Amadeus Hornemann gewesen, dem ein Teil der Mitarbeiter ans Bürgerhospital folgen werde. Zwar gebe es bereits Gespräche für einen Nachfolger, „und wir sind zuversichtlich, dass es keine Vakanz geben wird“, sagt Geschäftsführerin Claudia Fremder. Doch durch den Wegfall des Personals, das er mitnimmt, hätte man Schwierigkeiten bekommen, die Versorgung sicherzustellen. „Aus Verantwortung den Müttern gegenüber gehen wir deshalb lieber eine Kooperation ein“, sagte Jaeger.

Und zwar mit dem Hospital zum Heiligen Geist auf der anderen Mainseite, wo seit 1530 Kinder zur Welt kommen. „Unsere beiden Kliniken ähneln sich sehr“, sagte dessen Geschäftsführer Manuel Zelle. „Es sind kleine Innenstadt-Häuser, und in beiden kann man in einem familiären Umfeld sein Kind zur Welt bringen.“

Das Land habe bereits Zustimmung zum Versorgungsauftrag signalisiert. Auch seine Klinik kämpft mit dem demografischen Wandel: „Mit rund 900 Geburten pro Jahr sind wir knapp an der Wirtschaftlichkeitsgrenze.“ Es handle sich aber nicht um eine einfache Übernahme, betonte Zelle, „sondern den Start einer guten Zusammenarbeit“. So wollen

die beiden Häuser künftig auch bei der Fort- und Weiterbildung für Ärzte und Pflegekräfte zusammenarbeiten. Schwierige Fälle werden weiterhin in die Uniklinik überwiesen.

Allen betroffenen Mitarbeitern

will Geschäftsführer Jaeger ein Weiterbeschäftigungsangebot machen. Allerdings gibt es acht Hebammen, eine Beleghebamme und zwei Kinderkrankenpflegerinnen, für die es in einem Krankenhaus ohne Geburtenabteilung einfach keine Arbeit gäbe. Ihnen will stattdessen Zelle ein Angebot machen. „Natürlich müssen sie zum Team passen. Aber in der Regel sind Teams über neues Personal ja immer froh.“

Für ihn als Geschäftsführer sei die Entscheidung „sehr bitter“ gewesen, sagte Hubertus Jaeger. Seit Eröffnung der Abteilung 1927 seien dort mehr als 82.000 Kinder zur Welt gekommen. „Und Geburtshilfe im Haus zu haben ist auch etwas Schönes, mit dem sich die Mitarbeiter identifizieren.“ Manchmal seien werdende Mütter zu ihnen gekommen, deren Mütter ebenfalls schon hier zur Welt gekommen seien. „Das macht das Herz warm. Umso kälter ist es, wenn man das dann schließt.“

Die meisten Mitarbeiter hätten Verständnis gezeigt, seien aber ebenfalls „tieftraurig“. „Für viele geht da ein Lebenswerk zu Ende, da geht man nicht einfach zur Tagesordnung über.“ Um die übrigen Abteilungen des Krankenhauses macht sich Jaeger weniger Sorgen. Der Auftrag zur Allgemein- und Notfallversorgung von Sachsenhausen scheine sicher, und

damit die Allgemeine und Innere Chirurgie, zu der auch die Notaufnahme und die Gastroenterologie gehören.

Die Gynäkologie mit ihrem Schwerpunkt auf minimal-invasiver gynäkologischer Chirurgie versorge 16 Prozent aller gynäkologischen Fälle im Versorgungsgebiet, das von Frankfurt über Offenbach nach Hanau reicht, auch sie scheine gesichert. Die Diabetologie gebe es seit 120 Jahren, sie sei das einzige Exzellenzzentrum in Hessen. Und das Adipositaschirurgie-Referenzzentrum schließlich sei das größte in ganz Deutschland. „Wir haben vom Ministerium Signale bekommen, dass diese Bereiche wichtig und erwünscht sind.“