Heusenstammer Bestseller-Autor Jan Costin Wagner liest aus seinem jüngsten Buch Fasziniert von menschlichen Abgründen

Die Lesungen in seiner Heimatstadt sind für Jan Costin Wagner eine lieb gewordene Tradition. Diesmal hat er mit „Einer von den Guten“ den dritten Band seiner Ben-Neven-Reihe im Gepäck. Bild: clb

Heusenstamm – Es sind meist kurze Sätze, die Jan Costin Wagner aus seinem Buch vorliest. Ruhig, ohne Pathos trägt er vor, was er zu Papier gebracht hat. „Einer von den Guten,“ heißt sein jüngster Roman, aus dem der Heusenstammer Bestseller-Autor im Haus der Stadtgeschichte vorträgt. Seine Bücher in der Schlossstadt vorzustellen, gehört für Jan Costin Wagner einfach dazu. Das ist mittlerweile eine ihm wichtige, aber auch lieb gewordene Tradition. Zwischen den Kapiteln setzt er sich ans Klavier, spielt eigene Weisen, die ihm gerade durch den Kopf gehen.

Diesmal ist seine Musik hoffnungsvoller als sonst, wenn er dem Klavier eher melancholische Klänge entlockt. Aber es sind immer wunderbare Melodien, die zu den Texten passen, die er gerade gelesen hat. Und sie sind stets improvisiert. Manchmal sagt Wagner später lachend, merke er beim Spielen, „das hab‘ ich schon mal gehört“.

Es geht um Ben Neven, den Kriminalpolizisten aus dem Rhein-Main-Gebiet, dem er bereits zwei Bücher gewidmet hat. Nach „Sommer bei Nacht“ und „Am roten Strand“ schließt Wagner mit „Einer von den Guten“ die Trilogie über den Ermittler ab. „Die Figur ist für mich zu Ende erzählt“, sagt der mehrfach ausgezeichnete Autor.

Neven ist verheiratet und Vater einer Tochter. Und er hat ein Geheimnis, führt ein Doppelleben. Es sind die Abgründe im Leben der Menschen, die Jan Costin Wagner faszinieren, mit denen er sich in seinen Büchern auseinandersetzt. Die Abgründe, an denen Personen stehen und man nicht weiß, ob sie springen oder stürzen oder sich vor dem Abgrund retten können. Menschen in Ausnahmesituationen.

Feinfühlig, mit viel Empathie, fesselnd schildert Wagner seine Figuren. Das gilt auch für Adrian, die zweite Hauptperson im neuen Buch. Adrian ist ein 13 Jahre alter Junge aus Rumänien, der von seinem Vater nach Deutschland gebracht und zur Prostitution gezwungen wird. Die Geschichte geht um das fruchtbare Verbrechen des Kindesmissbrauchs, aber auch um Entscheidungen, die die Protagonisten treffen müssen.

Seitdem er schreibe, sagt Jan Costin Wagner, möchte er dorthin, wo es wehtut, dorthin, wo man eigentlich nicht hinmöchte. Dabei treibe ihn an, dass das Leben am Ende gewinnt. „Ich möchte das Leben auf die größtmögliche Probe stellen, um zu sehen, ob es tatsächlich größer ist als der Tod.“

Brüchig und kontrovers sind seine Figuren. Doch die Antworten auf die Fragen zu diesen Menschen stehen bei ihm zwischen den Zeilen. Er möchte, dass sich seine Leserinnen und Leser mit den Figuren auseinandersetzen – auch nach dem letzten Satz des Buchs.

Nach der Lesung, die der Heimat- und Geschichtsverein gemeinsam mit der Stadtbücherei und der Buchhandlung „Das Buch“ veranstaltet hat, stellt sich der 51-Jährige noch den Fragen des Publikums. Wie er sich auf ein Thema vorbereitet, wie lange er an einem Buch schreibt, und ob er seine Musik nicht aufnehmen möchte, wird er gefragt. Ausführlich beantwortet er alle Fragen, steht im Anschluss auch für Gespräche zu Verfügung. Man spürt, dass er sich wohlfühlt in seiner heimatlichen Umgebung.

Am Ende verrät er noch, dass er am nächsten Roman schreibt. „Es wird wieder etwas anderes sein, aber es wird wieder um Menschen gehen, die sich an der Schwelle befinden zwischen Tod und Leben.“
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