Adolf-Reichwein-Schüler probieren sich an Elektrik und Dachziegeln Das Handwerk kennenlernen

Den Stecker verkabeln: Elektromeister Michael Lubojanski (rechts) zeigt den Schülern der neunten Klasse, wie man ein Verlängerungskabel baut. Bild: jb

Heusenstamm – Das Handwerk sucht dringend Nachwuchs. In Stadt und Kreis Offenbach sind aktuell knapp 350 der 1.000 Lehrstellen unbesetzt. „Es bilden allerdings nur knapp 20 Prozent der Betriebe aus“, sagt Uwe Czupalla, Chef der Kreishandwerkerschaft. Auszubildende fehlen auch bei Heusenstammer Firmen. Beim Tag des Handwerks an der Adolf-Reichwein-Schule (ARS) gaben unlängst zwei örtliche Firmen Einblicke in ihre Arbeit – und versuchten, die Jugendlichen für ihren Beruf zu begeistern.

Nils Willkomm von der Heinz Schneider GmbH hat den Neuntklässlern einen typischen Gegenstand aus seinem Berufsalltag mitgebracht. „Das sind Biberschwanzziegel“, erläutert der Dachdeckermeister und zeigt auf etwa ein Dutzend rotbraune Platten, die er an einem Holzgestell aufgereiht hat. Auf einem Tisch daneben hat er eine „Bibermax“ platziert, eine Maschine, mit der er die Ziegel zuschneidet. Die Schüler Baram und Waleed wollen das gleich mal ausprobieren. Mit Zollstock und Bleistift ausgerüstet, legen sie los. „Ich finde das spannend, das wäre etwas für mich“, sagt Baram.

Nils Willkomm quittiert den Satz mit einem Lächeln. Es sei schwierig, Auszubildende zu finden. „Der Beruf ist anstrengend, du bist den ganzen Tag draußen, auch bei Regen und Schnee, das schreckt viele ab“. Derzeit hat der Betrieb zwei offene Stellen. Im vergangenen Jahr habe sich niemand für eine Lehre beworben, berichtet Willkomm. Dabei seien die Hürden für eine erfolgreiche Bewerbung vergleichsweise gering. „Man braucht ein gewisses Verständnis für Mathematik, aber vor allem muss man Lust auf den Beruf haben und im Team arbeiten können“, zählt Willkomm auf. Aktionen an der ARS seien wichtig, um für die Branche zu werben – manchmal sogar erfolgreich. Willkomm: „Wir haben es dadurch schon geschafft, einen Azubi für uns zu gewinnen.“

Elektromeister Michael Lubojanski hofft ebenfalls auf das Interesse der ARS-Schüler. Der Inhaber von Elektro Köhl aus der Kantstraße lässt die Jungen und Mädchen an diesem Tag Verlängerungskabel bauen. Mit Schraubenziehern öffnen die Neuntklässler Stecker und montieren daran Stromkabel. Schüler Taha hat bereits in den Beruf herein geschnuppert. „Ich habe ein Praktikum gemacht und fand das wirklich spannend“, sagt er. Er durfte unter anderem die Löcher für Steckdosen bohren. An die Elektrik selbst habe man ihn aber nicht gelassen. Dennoch könne er sich gut vorstellen, später mal Elektriker zu werden. Schülerin Marleen hat sich schon einen Tag als Elektrikerin versuch. „Es ist okay, aber nicht mein Traumberuf.“

Lubojanski hat mit Azubis unterschiedliche Erfahrungen gemacht: „Etwa ein Drittel lernt den Beruf, weil er sie wirklich interessiert, der Rest wird eher dazu gedrängt.“ Heißt: Sie würden sich auf Druck der Eltern für eine Ausbildung entschieden, die ihnen eigentlich nicht liege. „Da fehlt dann oft die nötige Motivation“, sagt Lubojanski.

Damit die Schüler den richtigen Beruf finden, veranstaltet die Reichwein-Schule Aktionen wie den Tag des Handwerks regelmäßig. „Wir begleiten unsere Schüler auf ihrem Weg ins Berufsleben“, sagt Hauptschulleiterin Katja Adam.

Wie eine Karriere im Handwerk aussehen kann, zeigt Uwe Czupalla. „Wer seinen Meister macht, kann sich selbstständig machen und sogar an einer Fachhochschule studieren.“ Viele Berufe helfen auch beim Umweltschutz. So sei ein Anlagenmechaniker für Heizung und Sanitär für den Einbau von klimafreundlichen Heizungen unerlässlich.

Von Joshua Bär