Verlorenes wird zum Schnäppchen Versteigerung: Fundsachen vor dem Offenbacher Stadthaus

Bei bestem Wetter gehen zwar die Regenschirme eher schlecht über den Tisch, Fahrräder, Handkreissägen und Smartphones sind jedoch der Renner.  Foto: Mangold

Offenbach (man) – Auktionen lassen sich auch als das Ende einer Geschichte betrachten. Und das Ende ist immer gleich. Es lautet: „Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten“.
 

Auf einen Hammer verzichtet Stefan Sommer vom Ordnungsamt, der am Samstag vor dem Sitz an der Berliner Straße 60 nur bewegliche Sachen versteigert, die andere verloren haben, jedoch wieder bekommen hätten – wenn sie denn zum Offenbacher Fundbüro gegangen wären. Was dort mindestens zwölf Monate liegen geblieben ist, kommt in die Auktion.

Vor einem Jahr erzielten Regenschirme weit höre Preise als heute, erzählt Katja Röhr, die das Geld verwaltet. Verständlich. Ein blauer Himmel motiviert zum Schirmkauf ähnlich wenig wie ein Gang mit vollem Magen in den Supermarkt. Wegen eines im öffentlichen Nahverkehr liegen gelassenen Schirms ruft zudem nicht jeder bei den Offenbacher Verkehrsbetrieben (OVB) an, um womöglich erst in der Warteschleife zu verharren und anschließend zum Fundbüro zu marschieren. Wundersam wirkt hingegen, warum sich manche nicht wegen ihres Smartphones melden.

Fünf Regenschirme für vier Euro

Das meiste liefert der OVB ab. Ein Smartphone, das im Geschäft gut 300 Euro kostet, lässt sich hier für 85 Euro ersteigern. Interessant wäre zu wissen, wie es passieren kann, dass jemand eine Handkreissäge verliert. Die lässt sich jemand für 22 Euro nicht entgehen. Ein anderer blickt in die Zukunft und kann von nun an fünf Regenschirme für vier Euro sein eigen nennen. Ein weiterer geht als Besitzer des Glückspakets von dannen, das Sommer offeriert. Die Geschichte erinnert an die Wundertüte vom Kiosk. Sommer zeigt nur ein Buch aus der Kiste, das den Titel „Gesund kochen“ trägt. Nicht unbedingt ein Reißer für jeden. Das hält die Leute jedoch nicht davon ab, bis auf 38 Euro für die Kiste mit dem bunt gemixten Sammelsurium zu bieten. Bei einem anderen Paket verrät der Auktionator lediglich „Die Meisterwerke der Klaviermusik“ auf CD. 

Katja Röhr vermutet, bei den Käufern handelt es sich zumindest um Semi-Gewerbetreibende, die hoffen, den Inhalt einzeln auf dem Flohmarkt mit Mehrwert verkaufen zu können. Überhaupt gibt es einige, die zwar nicht auf Teufel komm raus jedes Ding ersteigern, aber es doch bei fast jedem probieren. Ein Mann interessiert sich jedoch nur für Schmuck. Sommer versteigert nicht jeden Ring und jede Kette einzeln, sondern im Tütchen verpackt. Ein Fachmann hat vorher den Materialwert geschätzt. Der bestimmt das erste Gebot, das einmal bei 140 Euro liegt. Letztlich ersteigert es der Mann für 240, bei dem es sich offensichtlich um einen Händler handelt. Eine Stunde nach dem ersten Gebot schiebt Katja Röhr einen Fünf-Euro-Schein in die Zählmaschine. Die zeigt bis dahin 3250 Euro an. An Einnahmen kommt noch das Hartgeld hinzu. 

Teurer Koffer für wenig Geld

Einmal reut jemanden sein Gebot von 20 Euro für ein Fahrrad. Nachdem seine Freundin ihn rüffelnd von der Seite anstößt, macht er mit den Händen eine Bewegung wie ein Ringrichter, der einen ungleichen Kampf beendet. Richter an Zivilgerichten sprechen in so einem Fall gerne von Kaufreue. Als die Geschichte abgeschlossen ist, ruft Sommer ihm zu, „da haben Sie Glück gehabt“. Die Sache endet ohne Diskussion. Ein vermeintlicher Konkurrent zieht ihn aus der Patsche und bietet zwei Euro mehr.

Fraglich ist, wie jemand irgendwo einen teuren Koffer vergessen kann, ob im Bus oder im Café. Jedenfalls geht ein Exemplar der Firma Samsonite für 38 Euro über den Tisch. Katja Röhr sagt, herrenlose Koffer würden in heutigen Zeiten nicht selten aufwendige Polizeieinsätze auslösen. Vielleicht bemerkte jemand den Verlust, eilte zurück, überschlug beim Anblick der Bombenspezialisten die Kosten und schlich lieber nach Hause.