Ammes-Schneider-Lesung: Name der 48. Stadtschreiberin verkündet Dorothee Elmiger zieht ein

Ortsvorsteherin Alexandra Weitzel liest die Begründung der Jury vor. Foto: Faure

Bergen-Enkheim (jf) – Trotz Pandemie wurde die inzwischen wohl elfte Ammes-Schneider-Lesung organisiert, benannt nach Annemarie „Ammes“ Schneider, Frau des Stadtschreiberpreis-Begründers Josef Schneider. Sie fand nicht wie üblich in der Nikolauskapelle statt, sondern auf dem Vorplatz der Kapelle. Dort waren mit genügend Abstand Bänke aufgestellt worden, die etwa 50 Besuchern Platz boten. Immer wieder warfen die Literaturinteressierten besorgte Blicke auf die Wolken: Wird es trocken bleiben?

Die neue Ortsvorsteherin Alexandra Weitzel begrüßte die Gäste, darunter auch Adrienne Schneider, Tochter von Ammes und Josef Schneider und Jurymitglied. Charlotte Brombach, ebenfalls als Bürgerjurorin in der Jury, leitete die Lesung ein. Sie trug aus dem Lyrikband „Dämonenräumdienst“, von Marcel Beyer vor, der 2012/13 amtierender Stadtschreiber war.

Renate Müller-Friese, von 2011 bis vor kurzem Ortsvorsteherin, setzte die Veranstaltung fort mit „Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich“ von Friedrich Christian Delius. Delius hatte das Stadtschreiberamt 2008/09 inne. Buchhändlerin und Jurorin Anna Doepfner stellte Minutenessays von Katharina Hacker, Stadtschreiberin 2005/06, unter dem Titel „Darf ich dir das Sie anbieten?“ vor.

Juror Ulrich Sonnenschein, Vierter in der Runde, machte es spannend und las zunächst einige Passagen aus dem Roman „Aus der Zuckerfabrik“, ehe er den Namen der 48. Stadtschreiberin verkündete: Dorothee Elmiger wird im September das Stadtschreiberhaus, An der Oberpforte 4, beziehen. Zum Preis gehört neben dem Wohnrecht für ein Jahr auch eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 20.000 Euro. Die 1985 im schweizerischen Wetzikon geborene Stadtschreiberin studierte in Biel, Leipzig, Luzern sowie Berlin und lebt in Zürich.

In der Begründung der Jury heißt es: „Dorothee Elmiger schreibt mit frischer Eleganz, sorgfältigem Strich und präzisem Timing. Ihre Bücher sind faszinierende Kompositionen, die Motiven und Geschichten folgen und dabei assoziative Kreise ziehen, die sich immer neu verbinden. Elmigers Bücher stiften zum Weiterlesen an: Sie legen Verweisgeflechte zu anderen Texten an, zu Filmen, in die Sphäre des Traums und in die Natur. Man kann durch sie hindurchflanieren, feinen Navigationslinien folgend – und gerät in einen Sog, der auf andere Kontinente führt, auf die Nachtseite oder lustvoll ins Gedankengestrüpp.“ „Aus der Zuckerfabrik“, Elmigers dritter Roman, stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2020.

Ob am 3. September 2021 das Fest zur Schlüsselübergabe von Anne Weber, derzeitige Stadtschreiberin, an die neue Amtsinhaberin Dorothee Elmiger wie in Zeiten vor Corona im großen Zelt stattfinden kann, ist noch ungewiss. In der Verlagsbuchhandlung „Bergen erlesen“ ist bereits ein weiterer Band „Stadtschreiberei“ geplant – anlässlich der aus Pandemiegründen arg gestutzten Veranstaltung 2020 erschien die Broschüre mit den Reden und einem Interview erstmalig. Das Büchlein und Literatur der Stadtschreiber konnten am Büchertisch von Anna Doepfner erworben werden.

Übrigens ist mit der Lesung eine Punktlandung gelungen: Nach etwa einer Stunde war die Veranstaltung zu Ende, es blieb noch Zeit, die (harten) Bänke wegzuräumen und einen kleinen Plausch zu halten. Dann erst setzte ein verhaltener Regen ein.