Die 48. Stadtschreiberin Dorothee Elmiger freut sich auf Bergen-Enkheim Mit ganz viel Neugier im Gepäck

Stadtschreiberin Dorothee Elmiger will in ihrer Amtszeit Frankfurt erkunden. Foto: Faure

Bergen-Enkheim (jf) – Noch vor dem Stadtschreiberfest fand ein Pressegespräch mit Charlotte Brombach, Bürgerjurorin im Gremium zur Wahl des Stadtschreibers von Bergen-Enkheim, und der künftigen Amtsinhaberin Dorothee Elmiger statt.

Die Nachricht von der Preisverleihung erhielt die Schweizerin telefonisch auf einem Nachhauseweg im Frühjahr. Jurymitglied und Landsmann Peter Weber rief an. „Ich bin erst mal erschrocken, denn der Preis betrifft ja ein ganzes Jahr, und habe mir Bedenkzeit bis zum nächsten Morgen erbeten“, bekannte Elmiger. Schließlich gab es schon einige geplante Veranstaltungen. Am nächsten Morgen war klar: Die Autorin nahm den Preis an und bedankte sich. Von ihren bisher erschienenen drei Romanen stand „Aus der Zuckerfabrik“ auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2020. Den Preis erhielt schließlich Anne Weber, ihre Vorgängerin im Stadtschreiberamt.

Der Stadtteil Bergen-Enkheim ist für die in Zürich lebende Schriftstellerin nicht völlig neu. Bereits 2017 waren sie und Roman Ehrlich vom damaligen Stadtschreiber Sherko Fatah eingeladen worden. Sie war mit Fatah spazieren gegangen, hatte sogar das Stadtschreiberhaus von außen gesehen. Nun bewohnt sie es selbst.

Elmiger kommt ohne große Pläne, aber mit großer Neugier nach Bergen-Enkheim: „Schreiben kann ich nicht planen“, erläuterte sie, „aber es hat sehr viel mit Neugier zu tun.“ Den mit 20.000 Euro dotierten Preis, der den einjährigen Aufenthalt im Stadtschreiberhaus An der Oberpforte einschließt, betrachtet Elmiger als „großes Geschenk“, denn man muss für diesen Preis nichts vorlegen oder einreichen. Und man wird nicht gezwungen, ständig vor Ort zu sein und möglichst viele Lesungen zu halten. Nichts muss, alles kann – so lautet die Philosophie des Literaturpreises, der 1974 vom in Bergen beheimateten Schriftsteller Franz Joseph Schneider initiiert wurde. Jahrelang war zunächst Ehefrau Ammes Schneider, später Tochter Adrienne Schneider die gute Seele für die Stadtschreiber. Die von Monika Steinkopf geleitete Buchhandlung in Bergen-Enkheim, die 2016 von Anne Doepfner übernommen wurde, war und ist ein zentraler Ort für die Amtsinhaber.

Vor dem Pressegespräch hatte Dorothee Elmiger noch Gelegenheit, ein bisschen durch Frankfurt zu schlendern. „Mir fiel ein, dass ich während meiner Zeit in Bergen-Enkheim ins Theater gehen könnte, je nachdem, wie die Bedingungen sind. Ich kenne Frankfurt aus den Büchern von Jörg Fauser und Peter Kurzeck und ich kenne die Neue Frankfurter Schule. Nun muss ich die Landschaften aus den Büchern mit der Stadt abgleichen. Ich bin eine große Spaziergängerin“, sagte Elmiger.

Nach Unterschieden zwischen der Schweizer und der deutschen Literaturszene befragt, antwortete die Autorin, dass es im Alpenland aufgrund der Größe eher eine familiäre Szene gebe. In Deutschland sei die Szene vielschichtiger, es kommt auch ein junges, literaturaffines Publikum zu den Veranstaltungen. Elmiger selbst habe in Deutschland eher Kontakt zu gleichaltrigen Autoren. Allerdings werde die Literatur in der Schweiz stärker unterstützt als in Deutschland.

Charlotte Brombach hatte die druckfrische zweite Ausgabe der „Stadtschreiberei“ mitgebracht, die unter dem Subtitel „Von Anne Weber zur Dorothee Elmiger“ Reden, Chats und ein Doppelinterview mit beiden Autorinnen enthält. Das Büchlein ist in der Verlagsbuchhandlung „Bergen erlesen“ erschienen und ab sofort erhältlich.