Die vom nationalsozialistischen Regime ausgeführten Gewaltmaßnahmen gegen Juden im gesamten Deutschen Reich machten natürlich auch vor Bergen nicht halt. An das jüdische Gotteshaus in der heutigen Conrad-Weil-Gasse erinnert nur eine Gedenktafel und eine große Gruppe von Menschen, die nicht vergessen wollen, was den jüdischen Mitbürgern vor fast 80 Jahren angetan wurde, hatte sich vor dem ehemaligen Standort der Synagoge eingefunden. Auf dem Hof des benachbarten evangelischen Gemeindehauses wurden Kerzen für die insgesamt 33 zu beklagenden Opfer entzündet und wie in jedem Jahr ihre Namen laut verlesen.
Rabbiner Andrew Steinman zu Gast bei der Gedenkveranstaltung
Rabbiner Andrew Steiman aus der Henry und Emma Budge-Stiftung war auch gekommen, ließ Pfarrerin Fuchs einen Psalm verlesen und sprach selbst ein Gebet in hebräischer Sprache. 36 Geschäfte jüdischer Inhaber habe es 1938 auf der Berger Marktstraße, damals im Volksmund auch „Judenzeil“ genannt, gegeben, erklärte die Pfarrerin. Sechs Standorte wurden zusammen aufgesucht und an jedem die Geschichte der Menschen erzählt, die dort einen Laden oder Betrieb unterhielten. Kolonialwaren, Schuhe, Fette und Öle, Holz und Kohle, Wurst- und Fleischwaren sowie Bekleidung wurde in den sechs Geschäften veräußert, ihre Besitzer waren zum Großteil alteingesessene Bürger Bergens und wohlgelitten bis die Nationalsozialisten ihre abwegige Rassenpolitik propagierten und durchzusetzen wussten.
Edith Haase liest aus dem Buch von Helmut Ulshöfer
Aus dem Buch „Jüdische Gemeinde Bergen-Enkheim: 1933 bis 1942“ von dem vor zwei Jahren verstorbenen Helmut Ulshöfer, der mit seiner Publikation auf diesem Gebiet herausragende Forschungsarbeit leistete, wurde von Edith Haase, Mitbegründerin der örtlichen Initiative Stolpersteine, vorgelesen: Diese Zeitzeugenberichte vermittelten den Gedenkenden ein Stück Lebendigkeit der Geschehnisse vor acht Jahrzehnten. Der Rundgang endete nach knapp zwei Stunden dort, wo er begonnen hatte: An der Synagoge.