Mitreißende Musik, die unter die Haut geht Jazztrio spielt Petersons „Easter Suite“ bei „neun-x-neu“

Olaf Kordes, Wolfgang Tetzlaff und Karl Godejohann begeisterten mit der „Easter Suite“ im Dietrich-Bonhoeffer-Haus im Rahmen des „neun-x-neu“-Konzerts. Foto: sh

Bergen-Enkheim (sh) – So hatten viele die Passionsgeschichte wohl noch nicht gehört: Das Jazztrio Olaf Kordes (Klavier), Wolfgang Tetzlaff (Kontrabass) und Karl Godejohann (Schlagzeug) brachte im Rahmen der Konzertreihe „neun-x-neu“ die „Easter Suite“ von Oscar Peterson zu Gehör.

Trotz des schönen Frühlingswetters hatten sich zahlreiche Besucher im Dietrich-Bonhoeffer-Haus eingefunden und wurden dafür reich belohnt. Die drei Vollblutmusiker agierten mit einer Spielfreude, dass es vielen Zuhörern sichtlich schwerfiel, zwischen den neun Sätzen der „Easter Suite“ aus der Feder des kanadischen Jazzpianisten Oscar Peterson nicht zu applaudieren.

Jazztrio Kordes - Tetzlaff - Godejohann starten ihre Tournee in Bergen-Enkheim

Das Werk entstand 1984 im Auftrag der BBC. Lediglich ein Mitschnitt aus dem Entstehungsjahr existiert, die Komposition wurde danach nicht wieder auf der Bühne aufgeführt. Olaf Kordes transkribierte die „Easter Suite“ für sein Jazztrio. Ein Jahr lang habe diese Arbeit in Anspruch genommen, wie Kordes berichtet. Durch diesen sehr ursprünglichen Zugang zur Musik – dem genauen Hinhören und Nachspielen – habe er viel dazugelernt, erklärte der aus Bielefeld stammende Jazzpianist. Das Jazztrio Kordes – Tetzlaff – Godejohann spielte bei „neun-x-neu“ zum ersten Mal in Frankfurt. Wie Kantor und Veranstalter Wolfgang Runkel in seiner Begrüßung erklärte, sei dieses Konzert der Auftakt der Tournee des Trios – der Weg führte die drei Musiker als nächstes in die Schweiz. Den Auftakt des beeindruckenden Konzerts machte eine Komposition von Olaf Kordes mit dem Titel „Song for Peace“, inspiriert von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Jazztrio lotet alle Facetten seiner Instrumente aus

Dann folgte der „Hauptdarsteller“ des Abends, der Passionsbericht, erzählt von feinster Jazzmusik, die einfach nur unter die Haut ging. Das Können der versierten Musiker zeigte sich darin, wie viel Spaß sie daran hatten, alle Facetten ihrer Instrumente auszuloten, sich dabei immer wieder gegenseitig zu überraschen und sich die musikalischen „Bälle“ zuzuspielen. Das Mienenspiel der bestens aufgelegten Künstler sprach dabei Bände. Bei aller Spielfreude wurde jedoch die Ernsthaftigkeit der Themen keinen Moment außer acht gelassen. Olaf Kordes’ virtuoses Tastenspiel bildete das ausdrucksstarke Fundament der „Easter Suite“.

In Aufruhr geratene Gefühle gab es bei der Verleugnung Jesu durch Petrus – hörbar gemacht durch Wirbel am Schlagzeug und rasante Läufe am Bass. Ergreifend melancholische Klänge füllten beim Verrat Jesu durch Judas den Raum. Während in der Verhör-Szene Karl Godejohann am Schlagzeug brillierte, zog Wolfgang Tetzlaff am Bass insbesondere bei Jesu Frage am Kreuz „Warum hast Du mich verlassen?“ die Zuhörer in seinen Bann. Er ließ am Schluss der Passage sein Instrument immer leiser klingen, der letzte Ton war kaum mehr hörbar, aber dafür umso ergreifender. Auf den getragenen Passionschoral, für den Tetzlaff am Bass zum Bogen griff, folgte das fulminante Schlussfeuerwerk – die Auferstehung –, bei der die drei Instrumentalisten noch einmal aus dem Vollen schöpfen durften. Das Publikum ließ seinem gesammelten Applaus freien Lauf und feierte die Künstler begeistert.

Als Zugaben erklangen ein afrikanisches Schlaflied, Bachs erster Satz aus dem fünften Brandenburgischen Konzert als eindrucksvolle Jazzvariation, Oscar Petersons „Hymn to Freedom“ sowie „Over the Rainbow“.