Auf sagenhafter Zeitreise in das Mittelalter Das Schelmenspiel zieht das Publikum in seinen Bann

Der von allen verachtete Schelm von Bergen (Luca Haida) wagt in Verkleidung auf dem Maskenball einen Tanz mit der Kaiserin (Lisa-Maria Zanaboni). Foto: sh

Bergen-Enkheim (sh) – Wenn sich die Nacht über den Galgenberg senkt und die Kräuterfrau Sybille den Henker von Bergen beschwört, beim Maskenball zu Ehren des Besuchs von Barbarossa mit der Kaiserin zu tanzen, dann wissen die Bergen-Enkheimer: Es ist wieder Schelmenspiel-Zeit.

An vier Tagen führte die Förder- und Trägergruppe Schelmenspiel das Heimatstück „Der Schelm von Bergen“ auf und nahm das Publikum gekonnt mit auf eine sagenhafte Zeitreise in das Mittelalter. Regisseurin Andrea Zanaboni hatte wieder einmal alle Register gezogen und ließ die Zuschauer hautnah am Geschehen teilnehmen. Zur Eröffnungsszene herrschte buntes Treiben auf dem Marktplatz, das von der Bühne in die Zuschauerreihen floss. Händler boten ihre Waren feil, Gaukler, Priester, Mediziner, Wachen, Seher und Edelleute mischten sich unter das Volk. Da war Improvisationstalent gefragt. Den gewandeten Laiendarstellern gelang es bestens, in ihren mittelalterlichen Rollen zu bleiben und beim Fotografiert werden („Was ist das für ein Blendwerk der Hölle?“) um die Freiheit ihrer Seelen zu bangen.

Der „Schelm von Bergen“ möchte gerne mit der Kaiserin tanzen

Das Publikum erfuhr ebenfalls in der Marktszene von der baldigen Ankunft von Kaiser und Kaiserin in der Stadt, doch die anfängliche Freude darüber erstarrte vor Entsetzen, als der Henker, der „Schelm von Bergen“, die Bühne betrat. Der Henker war aufgrund seines Berufs ein Geächteter, mit dem niemand etwas zu tun haben wollte. Als der junge Mann zum ersten Mal die Kaiserin erblickte, hatte er nur noch einen Wunsch: Einmal mit ihr zu tanzen.

Mit Hilfe der Kräuterfrau Sybille wagte der Schelm beim prunkvoll ausgestatteten Ball in Verkleidung den Tanz mit der „hohen Frau“, doch als um Mitternacht die Masken fallen mussten, stand es um das Schicksal des Henkers schlecht: Hatte er doch durch seine Berührung die Kaiserin entehrt. In dem Narren Anselmo fand der Schelm von Bergen einen Fürsprecher und dass die Kaiserin ein gutes Herz hat, durfte sie bereits zuvor bei der Marktszene zeigen, als sie einen Gefangenen begnadigte. Dem Henker stand allerdings noch mehr als nur eine Begnadigung bevor ...

Die Schelmenburg bietet die ideale Kulisse für das Heimatstück

Das alle vier Jahre aufgeführte Stück „Der Schelm von Bergen“ gehört zu Bergen-Enkheim wie die Schelmenburg selbst, vor der der Reigen gespielt wird. Das kleine Wasserschlösschen bietet genau die richtige Kulisse für das Heimatspiel aus der Feder von Conrad Weil. Und wenn es dann an den lauen Sommerabenden während der Freilichtaufführung dunkel wird, kann sich wohl kaum einer dem schaurigen Zauber des Galgenbergs entziehen, auf dem die eingangs beschriebene Schlüsselszene stattfindet. Auch bei schlechtem Wetter muss das berührende Spiel zum Glück nicht ausfallen – dann wird einfach in die Stadthalle umgezogen.

Rund 100 Mitwirkende auf, vor und hinter der Bühne, Pferde, Feuerkünstler und Musikanten – das alles wollte organisiert sein. Eine absolut beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass dort Menschen am Werk waren, die diese Veranstaltung neben ihrer eigentlichen Arbeit auf die Beine gestellt haben.

Luca Haida meistert die Titelrolle des Henkers

Die Darsteller hatten sichtlich Spaß an ihren Rollen, die Zanaboni teilweise mehrfach besetzt hatte. Für viele Zuschauer war es sicher eine Überraschung, neben Dimitrios Bakakis auch den gerade einmal 15 Jahre alten Luca Haida in der Titelrolle des Henkers zu sehen. Der meisterte seine Aufgabe aber mit Bravour und der Respekt des Publikums für diesen Mut war ihm sicher. Die Bergen-Enkheimer freuen sich schon jetzt darauf, wenn es in vier Jahren endlich wieder heißt: „Es klingt ‘ne Mär aus längst entschwundnen Zeiten“.