„Weitere Sperrgebiete schaffen nur mehr Konflikte“ SDW kritisiert „Wildnis“-Projekte im Stadtwald

Mögen es grün: Werner Ebert und Heidi Jost von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald wollen, dass Manschen im Wald Erholung finden können. Foto: sh

Bergen-Enkheim/Fechenheim (sh) – Wenn im Frankfurter Stadtwald Bereiche wieder zur „Wildnis“ zurückgeführt werden, sprich: dem Waldbesucher dann nicht mehr als offizielle Spazierwege zur Verfügung stehen, sollte das doch eigentlich im Sinne der Naturschützer sein. Doch der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), Kreisverband Frankfurt, Werner Ebert und seine Stellvertreterin Heidi Jost üben Kritik an den „Wildnis“-Projekten der Stadt Frankfurt.

„Die Bürgerinitiative Fechenheim-Nord wehrte sich erfolgreich dagegen, dass den Besuchern des Fechenheimer Walds Wege weggenommen und von Hessen Mobil als Ausgleichsmaßnahme für den Bau des Riederwaldtunnels wieder der Natur überlassen werden sollten. Ich kann dazu nur sagen: Die Bürgerinitiative hat recht“, sagt die Bergen-Enkheimerin Heidi Jost. Einen Widerspruch zu ihren Ehrenämtern als Waldschützer sehen Jost und Ebert da nicht. „Man kann in Waldgebieten wie dem Kellerwald am Edersee so verfahren und Gebiete stilllegen, aber bei Wäldern in Stadtnähe wäre das reiner Populismus“, erklärt Ebert, der 30 Jahre lang Forstdirektor der Stadt Frankfurt war. Er kennt den Stadtwald – zu dem auch der Fechenheimer und der Enkheimer Wald gehören – wie seine Westentasche.

Erholung und Naturschutz im Wald sollen sich nicht gegenseitig ausschließen

Naturschutzgebiete wie der Riedteich in Enkheim seien richtig und wichtig, aber man sollte keine zusätzlichen Flächen mehr zur „Wildnis“ machen, sagt Ebert. „Die Menschen brauchen den Wald zur Erholung“, findet er und ergänzt: „Der Wald sollte so bewirtschaftet werden, dass auf der gesamten Fläche gleichzeitig auch Naturschutz möglich ist. Werden weitete Sperrgebiete geschaffen, würden die übrig gebliebenen Flächen nur überlaufen, was unweigerlich zu Konflikten, zum Beispiel zwischen Fußgängern und Radfahrern, führt“, erklärt der 81-Jährige. „Der Frankfurter Stadtwald ist multifunktional“, erläutert Ebert. „Er dient der Holzversorgung und liefert Wasser, aber sein ,Hauptprodukt’ ist, der Bevölkerung einen Ort zur Erholung zu bieten“, zählt der Waldschützer auf.

Der ideale Wald benötigt keine Kunstobjekte

Der ideale Wald sieht für den Vorsitzenden der Frankfurter SDW so aus: „Dort sollte es ein ausreichendes Wegenetz sowohl für Besucher als auch zur Nutzung des Forstbetriebs geben, separate Wege nur für Reiter. An schönen Stellen sollten Bänke stehen, aber der Wald sollte nicht ,möbliert’ sein. Kunstobjekte wie die F. K. Waechter-Skulpturen haben im Wald nichts verloren. Die Besucher sollen den Wald auf sich wirken lassen.“ Der Fechenheimer und der Enkheimer Wald hätten ihr eigenes „Unterhaltungsprogramm“ zu bieten, sind Jost und Ebert überzeugt. „Das Gewimmel in einem Ameisenhaufen zu beobachten ist hochinteressant“, sagt Jost. Aber auch Geschichtliches gibt es: „Man kann sogar Friedhöfe von unseren Urahnen aus der Keltenzeit finden“, sagt Ebert.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald begrüßt Aufforstung im Mainbogen

Die SDW begrüßt die Renaturierung des Fechenheimer Mainbogens, bei der auch rund 30 Hektar Auwald aufgeforstet werden sollen sowie die Aufforstung der ehemaligen Pumpstation nahe der Kleingartenanlage „Möllers Wäldchen“ in Enkheim. Lobende Worte gibt es von Jost und Ebert außerdem für den zuständigen Revierförster Roman Brunner, der eine sehr gute Arbeit mache. Nach Ansicht von Ebert seien der Enkheimer und der Fechenheimer Wald intakt und auf einem guten Weg. Problematisch sei der Enkheimer Riedteich, da dieser verschlamme, sagt Ebert. Zudem sollte die Einzäunung um das Gewässer dringend repariert werden, erklärt Ebert. Die Schwierigkeit dabei sei, dass zwar die Stadt Frankfurt Eigentümerin des Riedteichs sei, für die Unterhaltung sei aber das Land Hessen zuständig, das für diese Aufgabe das Forstamt Groß-Gerau eingesetzt habe. „Das weiß kaum einer“, sagt Ebert.

Zu den Aufgaben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gehöre unter anderem Umweltbildung. So werden beispielsweise Exkursionen, Vorträge und Filmvorführungen angeboten. An Wochenenden betreut die SDW das Informationszentrum Stadtwaldhaus an der Isenburger Schneise.

Politiker schenken dem Wald zu wenig Beachtung

Manchmal wird die SDW auch zu Stellungnahmen aufgefordert. „Es gibt in der Stadtverordnetenversammlung aber nur ein paar Abgeordnete, die sich um den Wald kümmern. Der Wald hat keine Lobby“, bemängelt Heidi Jost, die sieben Jahre lang die erste Ortsvorsteherin des 1973 gegründeten Ortsbeirats elf (Fechenheim, Seckbach, Riederwald) war. Laut Ebert sei es die schiere Größe des Frankfurter Stadtwalds von rund 6000 Hektar, die bei den Stadtverordneten den Eindruck erwecke, es sei nicht schlimm, wenn ein paar Quadratmeter weggenommen würden. Heidi Jost kritisiert: „Die Trasse für die Nordmainische S-Bahn wird Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet erfordern. Die Ausgleichsflächen dazu werden dann beispielsweise im Spessart geschaffen. Davon haben die Frankfurter nichts.“

Straßentrassen sollten nicht durch Waldgebiete geplant werden

Ebert warnt davor, dass Waldgebiete in Stadtnähe durch den Bau von Straßentrassen und Radwegen zerstört werden, weil sie in immer kleinere Gebiete zerteilt werden. „Die Planer sollten nicht bedingungslos ihre Interessen durchsetzen dürfen, sondern für ihre Trassenführung zum Schutz des Waldes Alternativen suchen“, sagt Ebert. Heidi Jost kritisiert zudem das „Anspruchsdenken der Radfahrer“: „Sie wollen Radwege durch den Wald, aber auf dem Waldboden wollen sie nicht fahren. Die Radwege sollen asphaltiert und beleuchtet werden.“

Als problematisch betrachtet die SDW zudem den Stellenabbau bei der Stadt Frankfurt. „Früher gab es genügend Waldarbeiter, heute werden Unternehmen beauftragt, beispielsweise für Rückschnittarbeiten, die nicht kontrolliert werden. Solche Arbeiten müssten von eigenen Leuten ausgeführt werden“, findet Ebert.

Schutzgemeinschaft Deutscher Wald freut sich über weitere Mitglieder

Rund 100 Mitglieder hat die SDW Kreisverband Frankfurt, der Altersdurchschnitt ist hoch, für die Vorstandsarbeit werden dringend ein Schatzmeister und ein Schriftführer gesucht. „Vor allem engagierte Jugendliche zu finden, die bei der SDW mitmachen wollen, ist schwierig. Sie möchten sich oft nicht an einen Verein binden“, bedauert Heidi Jost. Wer sich für eine Mitgliedschaft interessiert, kann sich unter www.sdw-frankfurt-main.de weiter informieren und dort auch ein Anmeldeformular herunterladen.

Die nächste Veranstaltung der SDW Kreisverband Frankfurt, ein Grillfest, findet am Samstag, 21. Juli, um 15 Uhr an der historischen Wasserfläche „Grastränke“ in Sachsenhausen statt, Eingang Ebertschneise. Treffpunkt: Bus 30/36 „Hainer Weg“ (stadtauswärts), von dort gibt es einen Abholdienst. Selbstfahrer können am Parkplatz Monte Scherbelino parken.