Fremde Kulturen und Gewalterfahrung Stadtschreiber Sherko Fatah zu Gast bei der Lese-Insel

Der amtierende Stadtschreiber von Bergen-Enkheim Sherko Fatah begeistert sein Publikum bei der Lese-Insel. Foto: ko

Bergen-Enkheim (ko) – Die Lesung des amtierenden Stadtschreibers Sherko Fatah war ein Höhepunkt des Literaturprogramms des Fördervereins Lese-Insel. Fatah las aus seinen beiden Romanen „Ein weißes Land“ und „Der letzte Ort“.

Vorher erläuterte er seinen Zuhörern, dass er fasziniert sei von den „Eckenstehern dieser Welt“ und es in seinen Texten um Grenzerfahrungen gehe. Zudem gäbe es kein Buch von ihm, das nur an einem Ort spiele, zu sehr interessiere ihn der Ortswechsel, die verschiedenen Kulturen, die Unvereinbarkeit gewisser Ansichten und Erkenntnisse.

Sherko Fatah stellt seine Romane „Ein weißes Land“ und „Der letzte Ort“ vor

In dem Roman „Ein weißes Land“ erzählt Fatah die Geschichte des jungen Arabers Anwar, die im Bagdad der 30er Jahre beginnt und bis nach Berlin führt. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gerät der politisch naive Mann in den Einflussbereich einer faschistischen Jugendorganisation im Irak. Im jüngst erschienenen Roman „Der letzte Ort“ geht es um den deutschen Aussteiger Albert, der zusammen mit seinem Übersetzer Osama im Irak entführt wird. In ihrer Gefangenschaft haben die beiden ungleichen Männer Zeit für Gespräche über das Unverständnis zwischen den Kulturen.

Spannung und filigrane Psychogramme kennzeichnen den Schreibstil Fatahs. Die facettenreiche Sprache und sein brillanter Vortrag taten ihr Übriges, um das Publikum zu begeistern. Auf die anschließende Frage eines Zuhörers, wie ein Thema beschaffen sein müsse, um für einen Fatah-Roman zu taugen, antwortete der 52-jährige Autor, dass er sich vorher fragen müsse, ob der Stoff 300 bis 400 Seiten trage und gut zu recherchieren sei.

Robert Louis Stevenson insprierte den Stadtschreiber von Bergen-Enkheim

Das Werk „Entführt“ von Robert Louis Stevenson sei für ihn eine Inspirationsquelle für seinen Entführungsroman gewesen, den er zwar erst vor gut zwei Jahren beendet habe, die Ideen dazu gingen jedoch bereits zurück bis in die 90er Jahre. „Manche Stoffe sind ein Experiment für mich“, so der Schriftsteller weiter, „ich schreibe 20 bis 50 Seiten und entweder es packt mich der Sog oder ich verwerfe einen Stoff“.

Sherko Fatah beendete die gelungene Veranstaltung mit den Worten: „Wenn Sie mich jetzt fragen ,Warum überhaupt die ganze Mühe?’ Das weiß ich auch nicht“, und brachte damit sich selbst und das Publikum zum Lachen.