Seriöse Schädlingsbekämpfer warnen vor Abzock-Masche Wespennest-Entfernung kostet Bergen-Enkheimerin 1573 Euro

Im Rollladenkasten hatten die Wespen ihr Nest gebaut: Katja Seufert (links) und ihre Mutter Helga Sauer wollen andere Betroffene vor unseriösen Schädlingsbekämpfern warnen. Foto: db

Bergen-Enkheim (db) – Helga Sauer reagiert allergisch auf Wespenstiche. Als die Bergen-Enkheimerin zu Hause zwei Nester entdeckt, ruft sie aus Angst einen Schädlingsbekämpfer. Doch die Seniorin wird Opfer einer bundesweit aktuellen Abzock-Masche.

Ihre Todesangst vor Wespen hat Helga Sauer zum Opfer skrupelloser Betrüger gemacht. Satte 1573 Euro musste die Frankfurterin für das Entfernen zweier Wespennester zahlen. An zwei Männer, die nicht einmal Werkzeug dabei hatten. „Die beiden haben schon an der Haustür darauf bestanden, dass ich bar oder mit EC-Karte zahle“, sagt Sauer. In ihrer Not überweist die 74-Jährige den Betrag. Erst später wird ihr klar, dass sie dreisten Abzockern in die Falle gegangen ist.

Rückblick: Helga Sauer entdeckt ein Wespennest im Rollladenkasten ihrer Gästetoilette und ein weiteres in einem Blumenkübel im Garten. Für die Seniorin blanker Horror, denn sie reagiert allergisch auf Wespenstiche. Die Folge wäre ein anaphylaktischer Schock und ein Kampf um Leben und Tod. „Die Tiere waren schon in den Flur und in die Küche eingedrungen“, sagt Sauer. Ihre Tochter Katja Seufert macht sich im Internet auf die Suche nach einem Schädlingsbekämpfer.

Am Telefon nur Anfahrtspauschale genannt

Die Zeit drängt, denn Seufert ist am nächsten Morgen wieder unterwegs und will ihre Mutter nicht alleine mit den Wespen lassen: „Deshalb war es wichtig, dass wir jemanden finden, der die Nester am selben Tag entfernt“, sagt sie. Sie landet bei der DHE Haus- und Gebäudetechnik GmbH, mit Sitz in Regensburg. Dort bekommt sie einen Termin.

„Am Telefon nannte man mir nur die Anfahrtspausschale von 49 Euro“, sagt Seufert. Was sie da noch nicht ahnt: Die Verbraucherschutzzentrale Hessen warnt aktuell vor der Firma. Erst kurz vor 23 Uhr klingeln zwei vermeintliche Fachmänner und beginnen mit ihrer Arbeit. Sie haben alle Mühe, die Nester zu entfernen. Bei dem Exemplar im Garten scheitern sie sogar und der Mitarbeiter, der keinen Schutzanzug trägt, wird gestochen. Insgesamt versprühen die Männer sieben Flaschen eines Kontaktgiftes gegen die Wespen. Kosten pro Flasche: 95 Euro.

Täglich melden sich Opfer der Masche

Dazu kommen eine Arbeitspauschale von 49 Euro, eine Einsatzpauschale von 289 Euro, Kosten in Höhe von 199 Euro für die Arbeitszeit pro angefangener Viertelstunde und die Reinigung von 120 Euro plus Mehrwertsteuer. Bärbel Holl, Vorsitzende des Vereins zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung, kennt die Masche.

Täglich melden sich Opfer aus ganz Deutschland bei ihr und berichten von ähnlichen Fällen, die sie mit unseriösen Schlüsseldiensten vergleicht, weil sie auf ähnliche Weise abkassieren: „Am Telefon ist ein Call-Center, das den Auftrag an einen Subunternehmer weitergibt und dafür eine Art Provision erhält“, sagt die Expertin: „Ein seriöses Unternehmen stellt am Telefon Fragen zum Nest oder lässt sich Fotos zusenden und kann so meist schon klären, ob es eine Art ist, die problemlos bleiben kann.

Wespen nutzen Nester nur für ein Jahr

Das Abtöten sollte nur geschehen, wenn sich die Wespen in einem Gefahrenbereich befinden.“ Das bestätigt Berthold Langenhorst, Sprecher des Nabu Hessen: „Lediglich die Deutsche und Gemeine Wespe bauen ihre Nester in der Nähe von Menschen und sind die einzigen, die lästig werden können. Es gibt etwa 20 andere Arten, von denen wir gar nichts mitbekommen.“ Ohnehin sind Wespen durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt.

Und sie nutzen ihre Nester nur für ein Jahr. Danach trocknet das Nest aus. Gründe für das Entfernen eines Nestes seien laut Frankfurter Umweltamt, wenn sich ein Nest im Rollladenkasten eines Kinderzimmers befindet oder wenn Menschen allergisch auf Insektenstiche reagieren. „Dann würde das Entfernen etwa zwischen 120 bis 250 Euro kosten“, sagt Holl. Helga Sauer hat bei der Polizei Anzeige erstattet und nimmt ihren Fall zum Anlass, andere zu warnen: „Am besten schützt man sich, indem man vorher die Telefonnummer eines Schädlingsbekämpfers aus der Umgebung parat hat.“