Die Welt wird weiter Achtes Künstlerprojekt an der IGS Nordend überrascht

Inga (links) vor ihrer Skulptur im Gespräch mit Schulkünstlerin Adrian Williams. Foto: Faure

Nordend (jf) – „Den Ohrring habe ich nicht mehr geschafft, dafür war die Zeit zu knapp“, erklärte die elfjährige Inga. Sie hat ein Mobile mit einem Ohr, einer Kaffeetasse und einem Schlüsselbund aus Pappmaché fertiggestellt – bis auf dieses fehlende Detail.

„Das alles fällt mir ein, wenn ich an meine Familie denke“, sagte Inga. Das Ohr erinnere sie an die Mutter, die einen besonderen Ring darin trägt. Der große Kaffeepott stehe für den Vater, die Schlüssel mit dem Namensschild für die dreizehnjährige Schwester. Hätte das alles nicht auch auf einer Zeichnung platziert werden können? Nein. Ingas Eltern sind fast blind – durch das Mobile haben sie Gelegenheit, zu ertasten, was die Tochter sich erdacht hat. Dieses Mobile ist eines von vielen Exponaten, die zum Abschluss des Schulkünstlerprojektes bei einer Exposition in der zum Ausstellungsraum umgestalteten Turnhalle zu sehen waren.

Schulkünstlerin Adrian Williams, die international vielbeachtete Performances, Filme und Installationen schafft, arbeitete 20 Wochen lang mit Zehn- bis Fünfzehnjährigen der IGS. doch nicht nur in der Schule beschäftigten sich die Mädchen und Jungen mit Kunst, sie besuchten auch das Museum für Moderne Kunst, das Städel Museum, die Bibliothek der Städelschule.

Sachen, die Kinder wichtig sind

„Es gab keine wirklich festen Vorgaben – außer, dass Stühle gezeichnet werden sollten“, erklärte Williams, „das war eine Übung. Im Grunde ging es um Dinge, die den Kindern wichtig sind.“ Die Materialien wurden danach ausgewählt, wie gut sie für die Bearbeitung geeignet sind. Da fand sich Pappmaché ganz oben auf der Liste. So entstanden Skulpturen, Zeichnungen, ein Gedicht und Musik.

Adrian Williams begann ihren Kurs, im Rahmen des Schulkünstlerprojekt ist es der inzwischen achte an der IGS Nordend, unkonventionell: Die Kinder sollten die Objekte im Klassenraum umstellen. So öffneten sich neue Dimensionen, neue Beziehungen entstanden.

Zeit ging schnell vorbei

Schulleiter Uwe Gehrmann ist von dem Projekt, dass auch diesmal von der Stiftung der Frankfurter Sparkasse und von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen finanziert wurde, fasziniert: „Die Schüler lernen nicht nur, sie entwickeln sich. Das ist etwas ganz anderes. Man spürt deutlich: Nach dem Projekt haben sie sich verändert. Dieses Projekt ist ein kleiner Goldschatz für uns, denn Schule könnte so etwas gar nicht zusätzlich leisten.“ Zur diesjährigen Schulkünstlerin sagte er: „Adrian Williams legte nichts fest, stülpte den Teilnehmern nichts über. Das geht ja erfahrungsgemäß immer an den Menschen vorbei.“

„Wir hatten nur einen Nachmittag pro Woche, die Schüler kamen freiwillig zum Kurs. Und mir schien es, dass die Zeit wahnsinnig schnell vorbei ging. Es war auch spannend, wie die Kinder unterschiedlichen Alters die Werke im Museum betrachteten. Die Kleineren sahen sie ohne weitere Zusammenhänge, die Größeren entwickelten zunehmend Verständnis für Symbole und erklärten das auch den Jüngeren.“

Vielfalt zeigt sich

Ottilie Wenzler, Geschäftsführerin der Stiftung der Frankfurter Sparkasse, ist von den Arbeiten der Mädchen und Jungen begeistert. „Das Projekt verlangt zwar immer wieder viel Koordination, Offenheit und Flexibilität, aber es lohnt sich – das beweisen die Arbeiten und das Engagement aller Beteiligten.“

Eine andere Skulptur stellt ein Hochhaus dar, es hat viele Ecken und Kanten, offene Fenster, angedeutete Balkone. „Es war schwierig, das fertige Modell aus Pappe mit Silberfolie einzuwickeln“, erklärte die 14-jährige Laia. Die Abschlussveranstaltung beginnt nach den Grußworten musikalisch: Thea Steiner und ihre Band spielen vier Stücke. Steiner übrigens wollte weder zeichnen noch formen. Sie schrieb ein Gedicht, die Zeilen in Kreisen angeordnet, auf den Boden der Turnhalle. Auch das war eben bei diesem Projekt möglich.