Projekt sorgt für einen guten Start ins Leben Babylotsen an allen Geburtskliniken in Frankfurt

Die junge Mutter Anna und Babylotsin Vanessa Günther . Foto: Faure

Nordend (jf) – Eine starke Runde hatte sich in der Orangerie am Günthersburgpark eingefunden. Vertreter der Kooperationspartner Kinderschutzbund, der Crespo Foundation, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, der aqtivator gGmbH, der BHF Bank Stiftung und der Stadt waren gekommen, um nach drei Jahren Bilanz zu ziehen. Junge Eltern und Babylotsen waren anwesend, um über ihre ganz persönlichen Erfahrungen zu reden.

Die Ergebnisse sprechen für sich: Mit jeweils zwei Babylotsen im Bürgerhospital und im Klinikum Höchst startete das Projekt 2014. Inzwischen ist das Team um Nicola Küpelikilinc neun speziell ausgebildete Mitarbeiterinnen stark. Die Babylotsen sind nun an allen Krankenhäusern mit Geburtsstationen – also auch am Universitätsklinikum, am Krankenhaus Nordwest, am Hospital zum Heiligen Geist, am Krankenhaus Sachsenhausen, am Agaplesion Markus Krankenhaus und am St. Elisabethen-Krankenhaus vertreten. Das Modell Babylotse wurde schon 2007 durch die Stiftung Familienorientierte Nachsorge Hamburg SeeYou entwickelt, von der Crespo Foundation aufgegriffen und für Frankfurt adaptiert.

„Es geht um den guten Start ins Leben, denn der Schritt vom ich zum wir krempelt alles um. Wenn dann auch noch Schwierigkeiten dazu kommen, ist guter Rat gefragt“, leitete Moderatorin Christiane Poertgen die Gesprächsrunde ein. Nicola Küpelikilinc unterstrich: „Zuhören ist das Allerwichtigste. Die Babylotsen vermitteln, dass die Eltern nicht alleine sind.“ Alle Babylotsen sind Expertinnen auf sozialpädagogischem, psychologischem und medizinischem Gebiet, Teamarbeit steht im Vordergrund. „Ab der 32. bis 34. Schwangerschaftswoche wird jede werdende Mutter über das Angebot informiert, außerdem besuchen die Babylotsen die Mütter auf den Stationen“, erklärte Küpelikilinc. Vor der Geburt sei der beste Zeitpunkt, um Frauen auf die Babylotsen aufmerksam zu machen. 98 Prozent aller Geburten in Frankfurt finden in Kliniken statt, ein Drittel der Entbindenden kommen aus dem Frankfurter Umfeld. Rund 13.000 Kinder werden jährlich in der Mainmetropole geboren.

Über 400 Angebote für Eltern und Kinder

„Es gibt über 400 Angebote für Eltern und Kinder. Aber eigentlich muss man schon vor der Geburt anfangen“, äußerte Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld. Im Rahmen des Projekts Babylotsen arbeiten auch Sprachmittler. „Wir wollen keinen Druck ausüben, es ist ein Angebot für alle. Jede Frau, jedes Elternpaar entscheidet selbst, ob sie Hilfe annehmen möchte oder nicht.“ Gesundheitsdezernent Stefan Majer ergänzte: „Mit Hilfe der Babylotsen wollen wir in den ersten Momenten des Lebens die Weichen stellen.“ Das Projekt sei auch künftig finanziell gesichert. „Das Konzept ist wegweisend“, betonte Jörg Appelhans, Geschäftsführer von aqtivator. Seit 2014 stellten die beteiligten Stiftungen rund eine Million Euro dafür zur Verfügung. „Die Heilige Familie hätte nicht zur Geburt Jesu in einen Stall gemusst“, fügte er der Vorweihnachtszeit angemessen hinzu.

Babylotsin Vanessa Günther stand auch Anna zur Seite. Anna, sie befand sich gerade in der 25. Schwangerschaftswoche, war im Oktober aus ihrem Studienort Hildesheim nach Frankfurt gekommen, um Freunde zu besuchen. „Ich habe plötzlich gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte, und einen Frauenarzt aufgesucht. Der holte sofort den Notarzt, mit einem Rettungswagen wurde ich ins Uniklinikum gebracht. Fünf Minuten später wurde mein Sohn Anselm geboren“, erzählte sie. Der Kleine wog bei der Geburt 9909 Gramm, benötigte und benötigt noch intensive Betreuung. Doch an der Uniklinik gab es keine Unterbringungsmöglichkeit für die junge Mutter.

Unterstützung anbieten, wo sie gebraucht wird

„Vanessa Günther besuchte mich in der Klinik, wir konnten gemeinsam die nächsten Schritte besprechen“, sagte Anna. Es ging um Unterkunft, Gelder, Behördengänge. Annas Eltern wohnen im Norden Deutschlands, der Kindesvater in Marokko – eine schwierige Situation. Der Kinderschutzbund sorgte für eine Unterkunft, Anna wohnt inzwischen bei einem netten Ehepaar, hat dort ein eigenes Zimmer und kann ihren Sohn jeden Tag besuchen. Inzwischen wiegt der Kleine 2000 Gramm.

„Ich hoffe, dass Anselm die Klinik Mitte Januar verlassen kann. Und ich hoffe, dass sein Vater ihn endlich persönlich sehen kann“, sagte die junge Mutter. Die Deutsche Botschaft in Marokko hat dem Vater einen zeitnahen Termin in Aussicht gestellt; in drei bis vier Monaten könne er vorsprechen. Das Auswärtige Amt hält sich bedeckt. Anna hält die Verbindung zum Vater über Skype aufrecht. Und träumt davon, dass alle bald zusammen sind, um gemeinsam zu leben, als Familie.