Auch Glitzer ist erlaubt Diskussion über Kinderbücher

Antja Herden, Eva Kutter und Markus Weber. Foto: Faure

Frankfurt (jf) – In der Reihe „Hinter den Worten: Literatur gestalten in Hessen“, von den Häusern der Literatur 2016 initiiert, fand im Literaturhaus eine Veranstaltung zum Thema „Abenteuer Kinder- und Jugendbuch“ statt. Es diskutierten die Autorin Antje Herden, die Programmleiterin Fischer KJB Eva Kutter und Markus Weber, Leiter des Moritz Verlags. Fridtjof Küchemann, FAZ, übernahm die Moderation.

„Wie sind Sie denn zum Abenteuer Buch gekommen?“, fragte Küchemann. Herden antwortete: „Ich bin erst vor sechs Jahren zur Autorin geworden. Das hatte ich vorher nie in Betracht gezogen.“ Aus einem gemeinsam mit einem Freund geschriebenen Buch und einer Rivalität mit einem Nachbarn sei das entstanden.

Kutter fand den Zugang über Hörbücher, wurde anschließend zur Leserin, studierte Germanistik, Italienisch und Theaterwissenschaften, volontierte bei Thienmann, arbeitete für die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) und studierte am Institut für Jugendbuchforschung, lektorierte bei den Verlagen Anrich und Arena und ist seit 2001 bei S. Fischer. Weber kam über die Schulbibliothek zum Buch, absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Buchhändler. „Der Zufall führte mich zum Verlag Beltz & Gelberg.“ Eva Kutter unterstrich: „In meiner Tätigkeit habe ich aus verschiedenen Blickwinkeln auf das Buch geschaut. Das war sehr lehrreich.“

1994 waren es noch 20 Titel im Jahr

Etwa 20 Titel jährlich erscheinen im 1994 gegründeten Moritz Verlag, Tochter des französischen Kinder- und Jugendbuchverlags l’école des loisirs Paris. Deshalb bestand das erste Programm folgerichtig aus 14 Übersetzungen aus dem Französischen. „Es waren einfach gut gemachte Kinderbücher“, bekräftigte Weber. Das Konzept war damals auf Frankreich ausgerichtet, ist es trotz vieler internationaler Titel immer noch und wird es auch bleiben. In diesem Jahr werden fünf Übersetzungen aus dem Französischen erscheinen.“ Weber räumte ein: „Man macht auch Fehler.“ Nicht immer ließen sich die Erfolge des Originals übertragen.

„Was zündet eigentlich bei den Kindern?“, wollte Küchemann wissen. Antje Herden, die zwischen 80 und 100 Lesungen im Jahr absolviert, berichtete: „Die Reaktionen kommen bei den Kindern sofort. Allerdings gibt es auch Bemerkungen wie ‚voll langweilig’, ‚voll blöd’ oder ‚Was hat die denn für ein Kleid an!’. Manches funktioniert bei der einen Lesung, was bei einer anderen nicht geht. Aber ich habe keine Probleme mit Kindern, erlebe berührende Momente.“ Ihre Inspirationen erhielt sie auch von den beiden eigenen Kindern. Mit „den ganzen marktwirtschaftlichen Dingen“ möchte die Autorin nichts zu tun haben. „Eine ganze Riege von Erwachsenen muss überwunden werden, bis die Kinder die Bücher in den Händen halten“, stellte Herden fest.

Farben und Glitzer sind Thema

„Es ist gut, wenn Autoren so viel Kontakt zu Kindern haben. Auch als Verlag kommt man nicht unmittelbar an die Kinder“, sagte Eva Kutter. „Gibt es nicht Testlesergruppen?“, fragte Fridtjof Küchemann. Bei Fischer gäbe es das, bestätigte Kutter. Zweimal jährlich fänden Gesprächsrunden im Verlag statt. „Ich stehe nicht in Kontakt mit der Leserschaft, mache das, wovon ich begeistert und überzeugt bin“, erklärte Markus Weber. Das sei auch manchmal ein Flopp, beispielsweise beim Bilderbuch „Klapp auf, klapp zu!“

„An dieses Buch hätte ich mich nicht getraut“, gestand Eva Kutter, „man ist im Verlag eben auch Verhinderer.“ „Ich möchte ausschließlich Bücher machen, für die ich brenne. Das ist Chance und Bürde zugleich“, äußerte Weber. „Wer kam eigentlich auf die Idee, Bücher für Mädchen und Jungen zu machen? Hat sich das in den letzten Jahren verstärkt?“, forschte der Moderator nach. „Die Marketingabteilungen sind schuld!“, stellte Weber fest.

„Ich habe einen Sohn und eine Tochter. Der Junge nahm vor zehn Jahren absolut kein pinkfarbenes Buch mit in die Klassenbibliothek. Ich habe für mich entschieden, einen neutralen braunen Einband um das Buch zu legen, wenn ich daraus vorlese“, erzählte Herden. Unweigerlich führte die Diskussion zu Farben und Glitzer. „Ich dachte, Mädchen gefällt Glitzer. Das war gar nicht böse gemeint“, reagierte Kutter, „Mädchen sind eine große Zielgruppe, aber eigentlich wollen wir mit den Büchern beide Geschlechter ansprechen.“ „In den fünften und sechsten Klassen wird erschreckend wenig gelesen. Lesen gilt da als uncool, damit kann man nicht angeben. Um das zu ändern, ist alles erlaubt – auch Glitzer“, sagt Herden.