Bekenntnisse zum Osthafen Drittes Hafengespräch mit Mike Josef

Schwerpunkte der Stadtentwicklung präsentieren Mike Josef (links) und Christian Eichmeier. F: Faure

Ostend/Sachsenhausen (jf) – Das dritte Hafengespräch der Gemeinschaft Frankfurter Hafenanlieger (GFH) fand auf der „Johann Wolfgang von Goethe“ der Primus-Linie statt. Das Schiff bewegte sich zwischen Osthafen und Gutleuthafen und bot neben Raum für Vorträge und Gespräche interessante Ausblicke auf das lebendige Flussufer.

Gegenwärtig hat die Gemeinschaft 30 Mitglieder mit rund 2000 Beschäftigten. Im Osthafen arbeiten mehr als 5000 Menschen. Die GFH bemüht sich, weitere Mitglieder zu gewinnen. Die Samson AG gehört nun dazu. Mit der Lufthansa Technik, die ihre Arbeit aufgenommen aber noch nicht ihre Endstufe erreicht hat, könnte ein weiteres gewichtiges Mitglied dazu kommen.

„Für einige Firmen stehen Gespräche über eine Vertragsverlängerung am Standort Osthafen noch an“, erläuterte Thorsten Hölser, Geschäftsführer der GFH. Dabei gehe es um langfristige Pachten. „Es besteht ein gigantischer Druck der Kapitalwirtschaft“, sagte Hölser. Planungsdezernent Mike Josef beobachtet „in der ganzen Stadt eine große Flächenkonkurrenz“, aber: „Die Beschlusslage Osthafen ist klar.“ Bei aller Diskussion müsse auch die Grundlage für die Industrie gewahrt bleiben, denn Menschen kämen der Jobs wegen nach Frankfurt. Christian Eichmeier, Vorstandsvorsitzender der GFH, begrüßte offiziell die Gäste: „Wir freuen uns über die zwei Vortragenden. Doch der Schwerpunkt dieser Veranstaltung liegt auf dem Gespräch.“

Einwohnerzahl legt jährlich zu

Josef stellte zu Beginn fest: „Manchmal scheint es in der öffentlichen Diskussion nur um Wohnungen zu gehen.“ Mit einer Fläche von rund 248 Quadratkilometern liegt die Mainmetropole in der Liste der größten Städte und Gemeinden an 44. Stelle in Deutschland. Im Gegensatz zu anderen Großstädten legt die Einwohnerzahl jährlich zu: „Die Stadt wächst, weil es Jobs gibt“, unterstrich Josef. Seit Jahren gibt es einen harten Flächennutzungswettbewerb. „Leider geht das Thema Hafen dabei manchmal unter“, sagte der Planungsdezernent. Deshalb sei man in der finalen Abstimmung eines integrierten Stadtentwicklungskonzepts bis 2030, dann rechne man mit 810.000 Einwohnern.

Josef bekräftigte außerdem: „Ein Drittel der Stadt ist Grüngürtel, der wird nicht angetastet.“ Man komme bei den Platzanforderungen von Unternehmen an Grenzen, deshalb sei interkommunale Zusammenarbeit angesagt. „Noch können wir den Flächenbedarf mit den Industrieparks decken, langfristig wird das nicht mehr möglich sein.“ Eng hänge der Hafen mit der Bautätigkeit zusammen: „Ohne Hafen könnte in Frankfurt kein einziges Hochhaus gebaut werden.“ Deshalb werde der Beschluss zum Osthafen bis 2050 – so lange laufen schon einige der bisher abgeschlossenen Verträge – nicht angetastet. Josef sei der Einladung auch gefolgt, weil er den Hafen wertschätze.

Viele pendeln nach Frankfurt

Die Stadt betreibe keine De-Industrialisierung. Nur auf Arealen, die lange brach lagen, habe man Umwidmungen vorgenommen. In der anschließenden Diskussion sprach Lars Purkarthofer, Vorstand UPS Deutschland, das Thema Mobilität an. „Wir haben 350.000 Pendler in Frankfurt, das sind 64 Prozent aller in der Stadt Tätigen. Nur etwa ein Drittel lebt auch in der Stadt“ sagte der Dezernent. Man dürfe Mobilität nicht punktuell betrachten und müsse den gesamten ÖPNV stärken.

Holger Schiefner, Blasius Schuster KG, wollte erläutert haben, was unter Hafen-affiner Nutzung zu verstehen sei; es gehe um die Verlängerung der Verträge. „Der Begriff ist nur die halbe Wahrheit“, antwortete Josef. Inzwischen gäbe es Bürogebäude im unteren Bereich des Osthafens, die zwar nicht Hafen-affin, aber gewerblich seien. „Eine entsprechende Diskussion hätte vor Jahren geführt werden müssen. Dass die Hafen-affinen Betriebe geschützt sind, steht aber außer Frage.“ „Für uns ist der Osthafen bei Hochwasser beispielsweise auch ein Schutzhafen“, äußerte Marie Nauheimer, Geschäftsführerin der Primus-Linie. Zum Thema ÖPNV beklagte Thorsten Hölser, Speditions- und Logistikverband: „Die öffentlichen Verkehrsmittel sind bei den Mitarbeitern nicht beliebt und gelten als unsicher. Das ist ein Problem.“

Vorsorge für schlechte Jahre treffen

Clemens Christmann, Geschäftsführer Wirtschafts- und Umweltpolitik der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände mit 76 Verbänden stellte fest: „Wir befinden uns in der besten ökonomischen Lage seit 1945. Die derzeitige geldpolitische Situation wird aber nicht anhalten. Irgendwann ist jede Party einmal zu Ende.“ Es sei eine alte Weisheit, dass die Haushalte in guten Jahren – nicht in schlechten – „versaut“ würden. Die Gefahr eines „Schlafmützenwettbewerbs“ sei groß, Trägheit greife um sich. 

Umso wichtiger wäre es, jetzt Vorsorge für die schlechten Jahre zu treffen. Als Beispiel nannte Christmann die Straßen in Hessen – da seien die Abschreibungen höher als die Investitionen. „Eine Werterhaltungsregel muss her“, forderte er und mahnte zudem Generationengerechtigkeit an. Christmann plädierte für eine Stärkung des Güterverkehrs und prangerte die „Zukunftsvergessenheit in der Politik“ und das „Staatsversagen in der Verkehrsinfrastruktur“ an.