Sommertour bietet neues Angebot Frankfurter „Stadtlabor unterwegs“: Stadtführung mit Buch

Katharina Böttger (links) und Eleonora Herder erklären das Projekt. Foto: Faure

Nordend (jf) – Katharina Böttger und Eleonore Herder hatten ein mit Plakaten der Sommertour geschmücktes Fahrrad auf der Zick-Zack-Brücke im Chinesischen Garten aufgestellt. Ein kleiner Tisch stand bereit mit blauen Büchern und Kuchen. „Wo stehst du?“ lautet der Titel des Buches, in dem der Interessierte an acht Stationen viel über Frankfurter Wohngeschichte erfahren kann. In Verbindung mit einer App können auf dem Smartphone auch zehnminütige Interviews und Videos angehört und angesehen werden. 

Jedem Teilnehmer an dieser besonderen Stadtführung ist es selbst überlassen, wann er wohin geht, ob er alles an einem Tag bewältigt – das wird anstrengend – oder sich innerhalb von 14 Tagen Orte, Zeiten und Mitgänger aussucht.

Auch das Project Shelter befindet sich unter den angegebenen Orten. Gegründet 2014 setzt sich das selbstverwaltete Zentrum für Geflüchtete oder Wohnhaus für geringverdienende Familien im Nordend/Bornheim für Obdachlose ein. Trostlos sieht die Hauswand in der Höhenstraße aus, aber das, was auf ihr geschrieben steht, regt zum Nachdenken an. Was bedeutet „Stadt für alle“? Darf man lange leer stehende Häuser, die der Stadt gehören, besetzen? Darf die Stadt sie polizeilich räumen lassen? Wie viel darf der Quadratmeter kosten? Was ist bezahlbar? Ernst May, der bekannte Frankfurter Stadtbaumeister, äußerte während seiner Zeit als Siedlungsdezernent (1925 bis 1930), dass für Wohnen nicht mehr als ein Viertel des Einkommens ausgegeben werden sollte. Für viele in Frankfurt eine Illusion.

Eleonore Herder, verantwortlich für die Redaktion und Text in „Wo stehst du?“, hat das Projekt mit weiteren Mitstreitern in Kooperation mit dem Historischen Museum Frankfurt entwickelt. „Es ermöglicht eine spezielle und individuelle Annäherung an die Stadt“, erklärte sie. Und Frankfurter oder auch Gäste sind doppelt beteiligt; als Interviewpartner im Buch und als Teilnehmer an dieser besonderen Stadtführung.

Die Bücher bieten die Grundlage für eine Performance und sind gleichzeitig Stadtführer. Nach 14 Tagen müssen die Teilnehmer die Bücher in einer Buchhandlung oder im Historischen Museum wieder abgeben, eigene Eintragungen sind nicht vorgesehen. „Allerdings sind wir an den Erfahrungen der Teilnehmer interessiert, aber das ist freiwillig“, ergänzte Herder. Im Herbst wird es mit „Implantieren 2016“ ein Performance-Festival geben, bei dem Projekt und Buch wieder eine Rolle spielen.