Fünf Jahre Kinder-Palliativ-Team Südhessen Für Kinder und ihre Familien

Mitarbeiter des Kinder-Palliativ-Teams Südhessen, rechts unten Paula, Therapiehund in spe. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – In den hellen Räumen des Kinder-Palliativ-Teams Südhessen in der Geleitsstraße geht es fröhlich zu: Die ersten Geburtstagsgäste kommen, alles ist vorbereitet. Von der Decke hängt eine Marionette, das Urmel. „Mit ausgerenktem Unterkiefer“, scherzt Dr. Sabine Becker von der Teamleitung. Seit Oktober 2016 ist das Kinder-Palliativ-Team in Sachsenhausen, war vorher in Unterliederbach. Richtig begann die Tätigkeit 2012, doch bis zum Start mit vier Mitarbeitern – Amelie Reuss, Holger Fiedler, Ingmar Hornke und Sabine Becker – mussten viele Hürden überwunden werden. „Heute sind wir 14 multiprofessionelle Kinderärzte und

-krankenpfleger, haben eine Assistentin, die sich um die Verwaltung kümmert, und seit September 2016 eine psychosoziale Beraterin. Alle arbeiten hauptamtlich“, erklärt Becker. Eigentlich gehören nach zwei Therapiehunde zum Team, der dritte, Paula, wird gerade ausgebildet. „Wir ermöglichen Familien mit schwerstkranken Kindern die letzte Zeit zuhause zu verbringen, haben eine 24-Stunden-Rufbereitschaft, beraten telefonisch und kommen nach Hause“, bringt die Ärztin die Aufgabe des Teams auf den Punkt. Durchschnittlich beträgt diese letzte Zeit 42 Tage, von Fall zu Fall ist das jedoch höchst unterschiedlich. „Und bei etwa 20 Prozent der kleinen Patienten stabilisiert sich der Zustand“, bemerkt Becker. Bisher hat das Team rund 200 Kinder und Familien betreut, arbeitet mit Kinder-Hospiz-Diensten und Kliniken zusammen und ist für Südhessen bis nach Butzbach hin zuständig. „Wir fahren auch über die Landesgrenzen, wenn es erforderlich ist und wir für die Familien die nächste erreichbare Anlaufstelle sind“, fügt die Ärztin hinzu. Da es keinen anderen Dienst in den betreffenden Regionen gibt, kommt es nicht zu Problemen, höchstens mit auf diesem Gebiet unerfahrenen Krankenkassen. Doch das ist ein ganz anderes Thema.

Die Diagnosen, die zu dieser intensiven Betreuung führen, sind unterschiedlich; bei 41 Prozent handelt es sich um neuromuskuläre, bei 27 Prozent um onkologische, bei 14 Prozent um Stoffwechselerkrankungen. Dazu kommen chromosomale, dermatologische und kardiologische Ursachen sowie Fehlbildungssyndrome. „Viele dieser Kinder sind nicht einmal ein Jahr alt“, sagt Becker. Schon vor der Geburt werden bei voraussehbaren Fehlbildungen Kontakte angeboten. „Wir beraten die Eltern, das bleibt meist nicht bei nur einem Termin und wird durch Spenden finanziert – die Krankenkassen übernehmen diese Kosten nicht“, informiert die Ärztin. Auch die psychosoziale Arbeit ist nur aufgrund von Spenden möglich. „Es geht darum, wie man als Familie diese schwere Zeit gemeinsam durchstehen kann.“

Zur Geburtstagsfeier hat sich das Kinder-Palliativ-Team besondere Gäste eingeladen. Prof. Dr. Thomas Klingebiel, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, gratuliert: „Vor acht Jahren gab es ein erstes Zusammentreffen, in dem die Notwendigkeit eines Palliativ-Teams besprochen wurde. Schritt für Schritt wurde dieser Weg gegangen – außerhalb der Universitätsklinik und doch eng verbunden mit ihr. Man befruchtet sich gegenseitig.“

2010 gab es in Darmstadt einen Runden Tisch zur Kinder-Palliativ-Versorgung. „Das war damals noch weit weg, die Gespräche mit den Krankenkassen waren schwierig“, erklärt Holger Fiedler. So waren die ersten vier Engagierten Pioniere auf ihrem Gebiet. „Uns haben viele unterstützt und Mut gemacht, auch wenn der Anfang steinig war“, sagt Ingmar Hornke. Als am 1. Januar 2014 unter dem Druck von Politik und aktiven Vereinen die Verträge mit den Krankenkassen abgeschlossen werden konnten, war das ein wichtiger Schritt.

Einmal im Jahr findet das Forum für pädiatrische Palliativ- und Hospizversorgung, Nachfolger des Runden Tisches, statt – die dritte Zusammenkunft ist im Herbst 2017 geplant.

Ein besonderes Geschenk erhält das Team vom Verein „Hand in Hand“ aus Altenstadt: Vorsitzende Hilu Knies überreicht Ingmar Hornke einen Scheck über 1000 Euro. Damit ist die Geburtstagsfeier aber noch lange nicht beendet; Gäste wie Holger Weinert, Reiner Roßkopf und Henni Nachtsheim mit Michael Apitz – alle Botschafter des Kinder-Palliativ-Teams – gestalten den Nachmittag literarisch, musikalisch und mit viel Humor. Das motiviert für die nächsten, nicht einfachen und doch so wichtigen Aufgaben.