Leidenschaft, Schmerz, Erotik – und Tango Hauptdarsteller des Musicals „Tanguera“ stellen sich vor

Gaudencio (Dabel Zanabria), Giselle (Melody Celatti) und Lorenzo (Esteban Martín Domenichini) auf der Terrasse des Oosten. Foto: Faure

Ostend (jf) – Giselle schmiegt sich zärtlich an Lorenzo. Doch Gaudencio drängt sich heftig dazwischen, trennt das Paar, wirbelt Giselle herum, presst sie besitzergreifend an sich. Atemberaubend schnell und technisch höchst anspruchsvoll ist der meisterhafte Tanz. Auf rasante Szenen folgt beinahe Unbeweglichkeit und leidenschaftlicher Blickwechsel, eine vibrierende Spannung liegt in der Luft. Tango. Oder vielmehr: „Tanguera“. Das weltweit erste Tango-Musical wurde 2002 in Buenos Aires uraufgeführt und trat vom Mutterland des Tangos aus seinen weltweiten Siegeszug an.

Buenos Aires im frühen 20. Jahrhundert. Giselle, eine junge Französin, muss nach ihrer Ankunft im berüchtigten Hafenviertel La Boca, dem Ursprungsort des Tangos, ihren Körper verkaufen, um überleben zu können. Als Prostituierte und später als gefeierte „Tanguera“ – mit ihrer Art zu tanzen verführt sie die Männer – gerät die Schöne in das gefährliche Spiel aus Liebe, Leidenschaft, Eifersucht und Rivalität.

Esteban Martín Domenichini (Lorenzo) steht in dieser Rolle im 14. Jahr auf der Bühne. „2013 waren wir schon einmal in Frankfurt, noch etwa zehn Mitglieder dieses Ensembles sind auch 2017 wieder dabei“, sagt Domenichini. Auch Dabel Zanabria (Gaudencio) ist seit vielen Jahren dabei: „Wir haben uns im Laufe der Jahre besser aufeinander eingestimmt. Auch der Tango entwickelt sich weiter.“ Die Frankfurter Aufführungen werden etwas Neues bringen: Erstmals wird ein erstklassiges Tango-Sextett live mit auf der Bühne sein.

Viele Gefühle in einem Stück

Für beide Tänzer ist ihre Figur die Lieblingsrolle. „Obwohl – ich könnte mir auch vorstellen, den Gaudencio zu übernehmen“, fügt Domenichini lächelnd hinzu. „Es ist die beste Rolle“, erklärt Melody Celatti, sie verkörpert die Giselle. „Aber vielleicht spiele ich ja in 20 Jahren die Madame“, meint sie halb im Scherz.

„Tanguera“, darin sind sich alle einig, ermöglicht, viele verschiedene Gefühle auszudrücken, weil eine Geschichte erzählt wird. Gesungene Teile tragen ebenfalls dazu bei, die Handlung weiterzuführen. Nein, beide Männer haben keine Angst, Verletzungen von Celattis High Heels davonzutragen – alles eine Frage der Technik und Übung. Die Schuhe allerdings überdauern nur eine Tour, die insgesamt sechs Wochen lang ist.

Sechs Stunden täglich Probe

Etwa anderthalb Monate vor der Aufführung beginnen die Proben, das sind vier bis sechs Stunden täglich, je nachdem, wie viele der 20 Ensemble-Mitglieder neu dazugekommen sind. Und es gibt Schauspielunterricht. Alle drei Hauptdarsteller tanzen außerdem bei anderen Companien und geben Tango-Unterricht. „Wer jeden Tag Tango tanzt, braucht eigentlich keinen Sport. Aber für die Show laufe ich und mache Aerobic, um Verletzungen vorzubeugen“, erläutert Domenichini. Die Tango-Szene in Deutschland interessiert alle drei, sie finden es schön, dass viel unter freiem Himmel getanzt wird.

Tango-Tänzer halten lange durch, sagen die Hauptakteure, aber eine Show ist schon eine große Herausforderung. Der Rücken ist aufgrund der Hebefiguren das am stärksten beanspruchte Körperteil. Lampenfieber kennt Melody Celatti nicht: „Ich bekomme vor dem Auftritt keine Panikattacken. Aber einen Adrenalinstoß gibt es schon, das muss auch so sein. Auf der Bühne zu tanzen ist etwas anderes als über die Straße zu gehen.“

Hier gibt es "Tanguera" zu sehen

Haben die Tänzer davon gehört, dass Tango hilft, Parkinson entgegenzuwirken? „Ich würde Parkinson bekommen, wenn ich nicht mehr Tango tanze“, sagt Zanabria und lacht. Ernsthaft setzt er hinzu: „Als ich mit dem Tango anfing, hätte ich nie gedacht, dass ich damit einmal um die Welt reise. Jetzt würde ich mich wie ein Vogel in einem Käfig fühlen, wenn ich nicht mehr tanzen dürfte.“

Tanguera“, die Geschichte von Liebe und Eifersucht und vom Sieg eines Lebensgefühls, das sich in Argentinien durch alle Gesellschaftsschichten zieht, ist vom 6. bis zum 8. Juli in der Alten Oper zu sehen. Karten sind ab 27,50 Euro an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

Tolle Schnappschüsse von der Vorstellung gibt es in der Galerie zu sehen