Kaum noch Bildungsangebote für die Jugend Kinderbücherei steht im Riederwald vor dem Aus

Barbara Rettemeier, Leiterin des Familienzentrums, und Pfarrer Fred Balke bangen um die Existenz der Bücherei „Leseratte“. Foto: jdr

Riederwald (jdr) – Seitdem die Bücherei im Frankfurter Stadtteil Riederwald geschlossen hat, ist das außerschulische Bildungsangebot vor Ort mau. Noch gibt es die Kinder-Bibliothek „Leseratte“ des Familienzentrums. Doch, um diese weiter zu betreuen, fehlt das Geld. Dem Stadtteil mit der höchsten Kinderarmut droht das Aus für kulturelle Bildung vor Ort.

Es ist der Frankfurter Stadtteil mit der höchsten Kinderarmut. Doch ausgerechnet hier, wo außerschulische Bildungsangebote für Jugendliche und Kinder dringend gebraucht werden, sieht es düster aus. Nachdem die Stadtteilbibliothek im Riederwald 2011 geschlossen wurde, gab es für sozialschwache Familien keine Möglichkeit mehr, kostenlos an Lesestoff heranzukommen. Deshalb hat das Kinder- und Familienzentrum die zweimal wöchentlich für null bis 14-Jährige geöffnete Kinderbücherei „Leseratte“ ins Leben gerufen. Doch ab 2018 wird es auch hier eng: „Das Projekt Leseratte war nur auf drei Jahre gesichert. Das Geld ist bis Sommer nächsten Jahres aufgebraucht“, sagt Barbara Rettemeier, Leiterin des Kinder- und Familienzentrums Riederwald (KiFaZ).

Die Räume in der Schäfflestraße zu behalten, sei nicht das Problem. Auch bekomme die Einrichtung regelmäßig Bücherspenden. „Unser großes Problem ist, dass wir eine Bibliothekarin bezahlen müssen, die sich um die Betreuung der Kinder kümmert“, sagt Rettemeier. Auch wenn es sich bei den Kosten nur um eine Aufwandsentschädigung von 3600 Euro jährlich handelt, müsse dieses Geld erst einmal zusammenkommen. Stirbt die Leseratte, so haben Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren im Riederwald keine Möglichkeit mehr zu Vorlesestunden und Bilderbuchkinos zu gehen oder sich einfach nur Bücher auszuleihen.

Ärmeren Kindern Bildung anbieten

„Es ist wichtig für uns, bestehen zu bleiben, damit die Kinder der ärmeren Schichtung sehen, dass es ein Angebot gibt. Denn es wird viel zu wenig gelesen“, sagt Rettemeier. Fällt die Kinder-Bibliothek im KiFaZ weg, gibt es ab 2018 im Riederwald Bildung nur noch an Schulen, so die Leiterin des Familienzentrums: „Wir haben dann hier keine Infrastruktur für diese Altersgruppe mehr und ein sehr kleines Kulturangebot. Es gab nie viel an Angeboten, aber wenn das noch wegfällt, ist es vorbei.“ Auch mit ehrenamtlicher Mitarbeit sei es nicht getan: „Die Betreuer müssen ja auch Ahnung davon haben.“

Eine Spendenkampagne ist bereits gestartet. „Die läuft ganz gut. Aber ob es reicht, wissen wir nicht. Sie ist nur auf ein Jahr ausgelegt. Dann heißt es wieder zittern, falls es soweit kommt“, sorgt sich Rettemeier. Der Riederwald sei von den anderen Frankfurter Stadtteilen abgeschnitten: „Die Leute nehmen keine weiten Wege auf sich, um eine Bücherei zu besuchen. Außerdem müssen die Angebote unentgeltlich sein, weil sich ärmere Menschen das sonst nicht leisten können.“ Wenn das Geld nicht zusammenkomme, gehe bildungstechnisch für Kinder im Riederwald alles den Bach runter: „Dabei ist bei der steigenden Kinderarmut die Bildung so wichtig!“, sagt Rettemeier.

Auch Pfarrer hat Angst um die Leseratte

Das sieht auch Pfarrer Balke so: „Es gibt immer weniger bildende Angebote für Kinder im Riederwald. Erst wurde das Bürgerhaus in den Neunzigern abgerissen, dann schloss die Bibliothek. Jetzt geht es der Leseratte an den Kragen. Das Zentrum für die Menschen bricht weg. Der Stadtteil wird isoliert.“ Auch der wöchentliche Bücherbus wurde auf einen anderen Parkplatz verlegt: „Da lassen Eltern ihre Kinder nicht allein hin, da der Weg gefährlich ist. Er führt über eine stark befahrene Straße“, ärgert sich Balke: „So haben die Kinder keine Möglichkeit etwas außerhalb der Schule zu lernen.“

Doch genau das ist nötig: „Wir haben Kinderarmut von 80 bis 90 Prozent! Es gibt keine Siedlungsgebiete, die nicht von Armut betroffen sind. Viele können nicht am Schwimmunterricht teilnehmen, weil sie kein Geld für Badesachen haben. Oder für Schulranzen. Das ändert sich nicht, wenn man die letzte Chance auf kulturelles Wissen nimmt.“ Deshalb gab es ein Gespräch mit Oberbürgermeister Peter Feldmann: „Er schaut, was er für uns tun kann“, sagt Rettemeier. Wer spenden möchte: KiFaZ Riederwald: EKK Bank, IBAN: DE91520604100004000102, BIC: GENODEF1EK1, Verwendungszweck: 16092210002200.