Die Einheit der Welt Olga Pechenova zeigt Bilder im Günter-Feldmann-Zentrum

Olga Pechenova erklärt ihre Evolvente, im Hintergrund „Copernium“. Foto: Faure

Ostend (jf) – Ein Tropfen trifft auf der Wasseroberfläche auf, zerspringt vielfarbig, eruptiv. Eine kleine Explosion, ein winziger Urknall. Daneben helles Quark-Gluon-Plasma, vielleicht der Zustand des Universums nach dem Urknall. Damit beginnt Olga Pechenovas vierte Ausstellung im Günter-Feldmann-Zentrum.

Ihre Bilder, „Haltestellen auf dem Weg vom Mikro- zum Makrokosmos“, wie die Künstlerin zur Vernissage erklärte, füllen die Wände des größten Raums. Sie zeigte ein Bild mit einer Evolvente, benutzt den Begriff aus der Mathematik, um ihre Kunst zu erläutern. Wie in einer Spirale verläuft die Entwicklung vom Kleinsten zum Größten. Pechenova, die Physikerin am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, verbindet Kunst und Physik, göttliche Schöpfung und Wissen auf erstaunliche Weise. In ihrer dem Mikrokosmos folgenden Phase beschäftigt sie sich mit Pflanzen, die sowohl Erde als auch Sonne zum Wachsen brauchen und so eine Verbindung zwischen dem Planeten Erde und dem Stern Sonne, darstellen. Zarte Flamingos symbolisieren für Pechenova Transformation und Wiedergeburt: „Der Flamingo verkörpert den Sonnengott Ra, ein Flamingopaar steht für glückliches Familienleben“, erklärte die Künstlerin. Und leitet zur nächsten Phase weiter; dem Menschen. „Er vereint das Körperliche und das Geistige. Seine Füße stehen auf der Erde, und seine Gedanken streben zum Himmel.“

Architektur als gefrorene Musik

Leonardo zeichnete den Mensch in Kreis und Quadrat, eine heute weltweit bekannte und oft verwendete Arbeit, deren Wurzeln beim römischen Architekten und Ingenieur Vitruv liegen – er hielt die Grundlagen der Baukunst schriftlich bereits in der Zeit um Christus’ Geburt fest – lange bevor Leonardo 1492 erste vitruvianische Menschen in Kreise und Quadrate stellte. Solche Proportionen sind auch im nächsten Abschnitt, der Architektur, wichtig: „Goethe und Schelling bezeichnen Architektur als gefrorene Musik“, sagte Pechenova. Und zitiert Antonio Gaudi: „Die Gerade ist die Linie des Menschen, die Gebogene die Linie Gottes.“ Da ist es bis zum Himmel nicht weit. „Aufschwebend nähert sich der Mensch seinem neuen Glück, seinem Stern“, sagte Pechenova. Die Künstlerin beschäftigt sich in ihrem letzten Kapitel, dem Makrokosmos, mit dem der Erde nächsten Stern, der Sonne.

Bild als Mysterium

Heftige Materieströme, Protuberanzen, tanzen auf dem Sonnenrand. Und ähneln dem Tropfen, der ins Wasser fällt – gleichsam im umgekehrten Sinn. Ein anschließender kurzer Film mit Musik verdeutlichte den Vortrag. Olga Pechenova erfindet selbst neue Worte für ihre Bilder, eines mit vielen zarten, bunten Linien hat sie „Copernium“ genannt. Die Wortschöpfung erinnert an Kopernikus, der das heliozentrische Weltbild, also die Bewegung der Erde und anderer Planeten um die Sonne, beschrieb. Und das Wort lässt auch an Copernicium, das vor 20 Jahren entdeckte Element mit der Ordnungszahl 112, denken. Und wie ist dieses Bild entstanden? „Es war nachts in München, ich habe fotografiert. Das Bild ist ein kleines Mysterium“, sagte die Physikerin. Sie verweist auf ihren Kollegen Stephen Hawking, der äußerte: „Es ist eine unglaubliche Welt. Seien Sie neugierig.“ Genau dafür findet man in den nächsten Monaten im Günter-Feldmann-Zentrum in der Waldschmidtstraße 115 viele gute Anregungen.