Riederwälder sind enttäuscht Passiver Schallschutz reicht der Pestalozzischule nicht

„Lass uns die Luft zum Leben“: Mit selbst gebastelten Plakaten demonstrieren die Schüler lautstark. Foto: Hagemann

Riederwald (sh) – „Das ist unsere Schule, wir wollen in Ruhe lernen“, skandierten die Mädchen und Jungen der Riederwälder Pestalozzischule, bevor die Mitarbeiter der Verkehrsbehörde Hessen Mobil über die geplanten Schallschutzmaßnahmen während der rund neunjährigen Bauzeit für den Riederwaldtunnel informierten. Für die Schule sind nach Angaben von Hessen Mobil Schallschutzfenster vorgesehen. Das Kollegium der Bildungseinrichtung war enttäuscht und sauer.

„Wir sind unzufrieden damit, dass die Schule nur ein preisgünstiges Lärmschutzkonzept erhalten soll, dabei sind während der Bauzeit deutliche Grenzwertüberschreitungen zu erwarten“, erklärte Rainer Frey von der Bürgerinitiative Riederwald. Er hatte mit Unterstützung von Schule und Elternbeirat die Pestalozzischüler dazu aufgefordert, Hessen Mobil einen Eindruck zu vermitteln, was es bedeutet, wenn es rund um die Schule ordentlich laut wird. So zogen die kleinen Demonstranten mit Trommeln, Pfeifen und stimmgewaltig vor die Eingangstür der Aula, wo die Veranstaltung stattfand und forderten lautstark Ruhe ein. Die Pestalozzischule wird während der ersten zwei Jahre des Tunnelbaus von Lärm und Staub betroffen sein.

Wie Markus Schweiger vom Büro Obermeyer, das im Auftrag von Hessen Mobil das Immissionsschutzkonzept für Baulärm erarbeitet hatte, informierte, werde es in Schulnähe drei Meter und sechs Meter hohe Schallschutzwände geben, aber laut Untersuchungen seitens des Büros Obermeyer würden die Lärm-Richtwerte im dritten Stock der Schule während der Bauzeit überschritten. Nach Schweigers Aussage würden an diesem Umstand auch höhere Schutzwände nichts ändern. Deshalb soll es für die Schule passiven Schutz in Form von Schallschutzfenstern geben.

Klassenräume lüften sei zu laut

Mitglieder des Schulkollegiums kritisierten, dass mit Schallschutzfenstern keine vernünftige Lüftung der Klassenräume möglich sei, woraufhin Schweiger entgegnete, dass der Gesetzgeber Stoßlüftung für zumutbar halte. Dem widersprachen die Lehrkräfte jedoch vehement. „Es gibt keine gegenüberliegenden Räume, sodass eine Stoßlüftung nicht möglich ist. Die vom Lärm betroffenen Räume liegen nach Süden, im Sommer wird es heiß“, erklärte Lehrerin Barbara Wirtz. Auf die Frage nach entsprechenden Lüftern für die Schule hieß es seitens Hessen Mobil, dass diese nicht vorgesehen seien, aber von der Schule beantragt werden könnten. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. „Der Riederwald hat keine Lobby. Ginge es um ein Gymnasium im Nordend, liefe die Diskussion anders“, war Wirtz überzeugt.

Simone Koch vom SPD-Ortsverein Riederwald ergänzte, die Riederwälder hätten das Gefühl, sich jede Selbstverständlichkeit immer erst erstreiten zu müssen. Ein weiterer Kritikpunkt: Hessen Mobil beginnt bereits im November mit vorbereitenden Arbeiten für den Tunnelbau, obwohl für den Tunnelbau noch ein Planänderungsverfahren läuft. Zu den Vorbereitungen gehören Baumfällungen, um Platz für Brücken zu schaffen, über die das Leitungsnetz verlegt werden soll.

Kleingärten weichen Bauprojekt

Friedhelm Ardelt-Theeck vom Aktionsbündnis Unmenschliche Autobahn (AUA) begleitet das Thema „Riederwaldtunnel“ seit Jahrzehnten und zeichnet ein düsteres Bild: „Das Planänderungsverfahren wird wie immer zwei Jahre in Anspruch nehmen und wenn die Pläne offenliegen werden wieder Klagen folgen. Der Tunnel wird nicht Ende 2027 fertig sein. Wie können jetzt schon Bäume für Leitungsbrücken gefällt werden, wo das Gesamtprojekt noch gar nicht durch ist?“ Bereits 2007 und 2012 mussten Kleingärten dem geplanten Bau weichen, die laut Ardelt-Theeck heute noch in Betrieb sein könnten. Der Bündnis-Sprecher fürchtet, dass viele Riederwälder wegziehen werden.