Zerbrochene Träumen und Musik Siebtes Lesefest: Stadt liest „Frankfurt verboten“

Felix Semmelroth, Rainer Weiss, Lothar Ruske, Anya Schutzbach und Klaus Schöffling mit dem Veranstaltungsplakat. Foto: Faure

Frankfurt (jf) – „Jeden Morgen beim Aufwachen habe ich daran gezweifelt, mich zusammenhalten zu können. Aber ich konnte es, immer wieder. Meine Musik hat es möglich gemacht, jeden Tag neu. Musik, das Lebendigste in mir, haben sie nicht töten können.“

Diese Worte stehen auf der ersten Seite des Romans „Frankfurt verboten“ von Dieter David Seuthe. Es ist ein Debütroman, geschrieben von einem Mann, der von Beruf Pssychotherapeut ist. Viele Jahre lebte er in Neuseeland, kam dort mit einer alten Dame ins Gespräch, die in Frankfurt an Dr. Hoch’s Konservatorium Piano studiert hatte. Seuthe nahm das Thema auf, recherchierte, schrieb. „’Frankfurt verboten’ ist ein Buch, das man nicht aus der Hand legt.

Der Leser wird geradezu physisch berührt und erfährt, wie Frankfurt in den 1920er und 1930er Jahren getickt hat. Und er bekommt viel über das damalige Musikleben der Stadt mit“, sagte Kulturdezernent Felix Semmelroth zur Vorstellung des Programms von „Frankfurt liest ein Buch“. Das Lesefest wird vom 11. bis zum 24. April mit über 80 Veranstaltungen an mehr als 60 unterschiedlichen Orten mit rund 100 Mitwirkenden stattfinden. „’Frankfurt liest ein Buch’ widerlegt die Meinung, dass Bücher und Bildung nicht mehr so wichtig seien“, unterstrich Semmelroth. Die Bücher, die im Mittelpunkt des Lesemarathons stehen, würden wahrgenommen, ernst genommen und mit Freude aufgenommen, weil sie Frankfurter Geschichte widerspiegeln.

60 Buchhandlungen machen mit

Verleger Rainer Weiss, weissbooks.w, erzählte, wie er zu diesem Buch gekommen ist: „Mein Nachbar hat mir das in nur wenigen Exemplaren vorhandene Buch zum Lesen gegeben, Dieter David Seuthe hatte das Manuskript für Freunde binden lassen. Es war ein Zufall, diesen Autor kennen zu lernen. Meine Mitgeschäftsführerin Anya Schutzbach hat das Buch dann zuerst gelesen und gesagt: ‚Das müssen wir machen!’ So erschien Seuthes Roman 2013 in der ersten Auflage bei weissbooks.w und liegt heute in einer Sonderausgabe mit einem von Julia Borgwardt neu gestalteten Cover für das Lesefest vor.“ Rainer Weiss habe besonders beeindruckt, wie schnell sich die politische Landschaft zwischen 1932 bis 1936 verändert hat. So zerschlagen sich die Träume der Protagonistin - aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln bricht ihre hoffnungsvolle Karriere als Pianistin nach nur kurzer Zeit ab, sie stürzt ins Bodenlose und muss Deutschland unter Lebensgefahr verlassen.

Zugleich verliert sie auch ihre große Liebe – es ist eine Beziehung, die in der Nazizeit nicht gelebt werden kann. Organisator Lothar Ruske nannte Höhepunkte und Partner des Lesefestes: Fast 60 Buchhandlungen in und um Frankfurt beteiligen sich mit eigenen Veranstaltungen. Neun Schulen sind beim Lesemarathon dabei, es gibt eine Ausstellung im „Fenster zur Stadt“ im Restaurant „Margarete“ am Haus des Buches, in der Dokumente, Bilder und Objekte aus der Zeit, in der das Buch handelt, gezeigt werden. Eine private „Wohnzimmerlesung“ gehört genauso zum Programm wie Gespräche, Konzerte, Vorträge, Spaziergänge, Theater und Filme. Details dazu gibt es unter www.frankfurt-liest-ein-buch.de. Der Autor wird außerdem vom 1. bis zum 30. April am Frankfurter Literaturtelefon aus seinem Roman lesen, auf hr2-kultur ist das Buch vom 11. bis zum 15. April jeweils um 9.30 Uhr und um 15 Uhr zu hören.

Klaus Schöffling, Verleger, Initiator des Lesemarathons und Erster Vorsitzender des Vereins Frankfurt liest ein 9Buch, informierte zudem darüber, dass die Veranstaltungsreihe von Kulturstaatsministerin Monika Grütters für den Prei9s „Kulturelle Bildung 2016“ nominiert wurde und damit zu den insgesamt zehn bemerkenswertesten Vorhaben gehört, die aus rund 100 Vorschlägen von einer Fachjury ausgewählt wurden.

„Wenn ‚Frankfurt liest ein Buch’ zu den Preisträgern zählt, wird das Preisgeld nicht mit der Unterstützung der Veranstaltungsreihe seitens des Kulturamts gegengerechnet“, versprach Felix Semmelroth.