Keystone State Boychoir aus Philadelphia in der Budge-Stiftung Sympathische Botschafter aus Amerika

Trude Simonsohn (links) und Inge Auerbacher, beide Holocaust-Überlebende, lauschen dem Konzert in der ersten Reihe. Foto: Faure

Seckbach (jf) – Seit drei Wochen sind 59 Jungs des Chores auf ihrer diesjährigen Tour in Tschechien und Deutschland unterwegs gewesen. Letzte Station der Reise war die Henry und Emma Budge-Stiftung – ein besonderes Abschlusskonzert.

Die 82-jährige Inge Auerbacher begleitete den Chor, war mit den Jungen auch in Theresienstadt, dorthin wurde sie im Alter von sieben Jahren deportiert. 1946 wanderte die Familie Auerbacher, die überlebt hatte, nach New York aus.

Rabbiner Anrew Steiman, selbst gebürtiger US-Amerikaner, begrüßte die Gäste zum Konzert. Über der Bühne hing anlässlich des Unabhängigkeitstages die amerikanische Flagge. „Es gibt viele Verbindungen zwischen Philadelphia und Frankfurt“, sagte Steiman. „Seit 2015 sind die Städte, jeweils die fünftgrößten ihrer Staaten, verschwistert. In Philadelphia wurde 1776 die Unabhängigkeitserklärung verlesen, in Frankfurt tagte 1848 die erste deutsche Nationalversammlung. Was Benjamin Franklin für Philadelphia, ist Johann Wolfgang von Goethe für Frankfurt. Übrigens ist Franklin der einzige Nicht-Präsident auf einem Dollarschein, Goethe war auf einem 20-Mark-Schein der DDR abgebildet – das vereint auch auf besondere Weise.“

Das Konzert begann mit „Draw The Circle“ – tatsächlich bildete der Chor unter der Leitung von Steven M. Fisher, in dunkelgrüne Jacketts, schwarze Hosen und grün-gold-schwarz gestreifte Krawatten gekleidet, einen Kreis um das Publikum, ein Solist interpretierte das Lied. Nach fünf Titeln erklärte Fisher, dass es „ein großes Privileg“ sei, mit Inge Auerbacher zu reisen und widmete ihr und ihrer neuen Freundin Trude Simonsohn, Bewohnerin der Budge-Stiftung, das nächste Lied: „Al Shlosha“; hebräische Verse, die von den drei Säulen, auf denen die Welt ruht, berichtet: Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden. Drei Lieder später erläuterte der Chorleiter, dass unter den insgesamt 200 Chormitgliedern im Alter zwischen acht und 18 Jahren Moslems, Christen, Juden und Atheisten seien. „Wenn es solche Chöre gibt, wird es keinen Holocaust mehr geben“, unterstrich Fisher. Auch ein muslimisches Lied wurde vorgetragen, es gehört genauso zum Repertoire wie englische und amerikanische, französische, hebräische, deutsche Weisen und selbst ein Lied auf Swahili. Besonders beeindruckend war „Prayer Of The Children“, es erinnert an die 15 000 in Theresienstadt gefangen gehaltenen Kinder.

Mehrere US-Bürger wohnen heute in der Budge-Stiftung, unter ihnen die 100-jährige Gerda Freudenthal, sie war ebenfalls zum Konzert anwesend.

Zur Nationalhymne der USA erhoben sich viele – ein besonderes Erlebnis am Unabhängigkeitstag.

Die Reise sei nicht immer nur lustig und föhlich gewesen, der Besuch in Theresienstadt habe tief berührt. Das Lied „When You Believe“ verdeutlichte das: „Auch wenn die Hoffnung schwach ist, ist es schwer, sie zu ersticken“, heißt es darin.

„Nur einmal wird über Heimkehr gesungen – beim letzten Konzert“, bemerkte Fisher vor „Homeward Bound“. Anschließend wurden vier Jungen aus dem Chor verabschiedet – sie scheiden nach langjähriger Mitgliedschaft, sichtbar an den vielen Abzeichen auf ihren Jacketts, aus.

„Inge ist mit uns auf Tour gewesen, das hat uns verändert“, bekannte der Chorleiter, ihr zu Ehren erklang „For Good“ – Inge Auerbacher stellte sich sichtlich bewegt mitten unter die Jungs und sagte: „Wir sind wirklich eine ganz große Familie geworden. Die Reise hat auch mich verändert.“

Mit Trude Simonsohn – die heute 96-Jährige wurde 2016 zur ersten Ehrenbürgerin Frankfurts ernannt – verbindet sie eine neue Bekanntschaft. „Wir haben im Gespräch festgestellt, dass wir in Theresienstadt die gleichen Freunde hatten“, sagte Auerbacher, die gemeinsam mit Simonsohn dem Konzert in der ersten Reihe lauschte. Simonsohn dankte dem Chor im Namen aller Überlebenden in der Budge-Stiftung für dieses großartige musikalische Erlebnis. „Inge kennengelernt zu haben, war eine große Freude. Und junge Leute, die sich nicht nur für Fußball interessieren, sondern auch für Musik, finde ich wundervoll.“

Steven M. Fisher fügte noch hinzu: „Während der dreiwöchigen Tour haben die Jungen auf ihre Smartphones verzichtet.“ Beifall. Ernst merkte der Chorleiter an: „Was immer Sie aus Amerika hören - auch wir sind Botschafter unseres Landes.“ Das Publikum antwortete mit stehenden Ovationen und „Bravo!“-Rufen.