Eine Welt aus Wachs: Kreatives entsteht Temporäres Kunstatelier an der IGS Herder

Lion (von links), Marlene, Catherine, Sabine Lauer, Hannah und Alex arbeiten mit Wachs. Foto: Faure

Ostend (jf) – Liv bringt ihr Bild in den Ausstellungsraum. Bevor sie es zu den anderen Kunstwerken stellen will, zeigt sie es Sabine Lauer. „Das ist sehr gut geworden“, lobt die Schulkünstlerin, „aber schau mal, hier sind noch ein paar Stellen, die nicht vollständig mit Wachs bedeckt sind.“ Liv geht wieder zurück ins Atelier, verbessert.

Die 16-Jährige gehört zu 17 Schülern der Stufe neun und zehn, die sich innerhalb des Schulkünstlerprojekts seit einem halben Jahr mit Wachstechnik beschäftigten. Das temporäre Kunstatelier in den Osterferien ist der Höhepunkt des Projekts, das Sabine Lauer begleitet. Die vielseitige Schulkünstlerin der 1822 Stiftung der Frankfurter Sparkasse und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen leitete schon mehrfach Kunstprojekte an der IGS Herder.

An diesem Donnerstagnachmittag, dem letzten der Osterferien, sind auch Astrid Dienst und Ottilie Wenzler von der 1822-Sparkassen-Stiftung im Atelier zu Gast. Die Schüler arbeiten konzentriert und ohne laute Worte, in kleinen Töpfen oder im Wasserbad befindet sich Wachs; Paraffin, Bienenwachs, geschmolzene handelsübliche Kerzen. „Die Wachstechnik als Bindemittel für Farbpigmente wurde bereits 3200 Jahre vor Christus im alten Ägypten angewendet“, erklärt Lauer.

Enkaustik heißt der Fachbegriff, er kommt vom griechischen Wort „enkauston“ – eingebrannt. Diese Technik hat viele Facetten, es wird geritzt, geklebt, geschichtet, gespachtelt, gegossen, getropft, gebügelt, gepinselt. Immer muss die Trägerplatte mit zwei fest verschmolzenen Wachsschichten als Untergrund vorbereitet werden.

„Zeit" ist das Thema

Inhaltliches Thema der Arbeit mit Wachs ist die Zeit. Wie spiegelt sie sich in der Geschichte wider? Wie kann sie erfasst werden? Welchen Einfluss hat sie auf die Sprache? All diesen Fragen sind die Projektteilnehmer nachgegangen, die Resultate der Diskussionen sind auf großen weißen Blättern stichwortartig festgehalten; sie gehören ebenfalls zur kleinen Ausstellung.

Große Rosen, erstaunlich schwer, wurden mit Wachs haltbar gemacht – das ansehnliche Ergebnis verrät wenig über die nicht einfache Präparierung. Farbmuster auf Wachs sind durch präzises Abkleben von Flächen entstanden. Einige Bilder enthalten neben Wachs Blüten, Blätter, Draht, Steine. Wachs kann mit Ölfarbe gemischt werden, so lassen sich verschiedene Farben herstellen.

„Jeder hat in diesem Projekt seine eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten entdecken und entwickeln können“, sagt Lauer. Sie musste sich vorab selbst intensiv mit dieser Technik befassen, auch für die Künstlerin gehörte Enkaustik vorher nicht zu den von ihr ständig angewendeten Verfahren.

Ausstellung am 28. Juni

Das temporäre Atelier sei eine wunderbare Arbeitsmöglichkeit. „Es ist ganz erstaunlich zu sehen, wie konzentriert und phantasievoll die Jugendlichen arbeiten“, bemerkt Schulleiterin Martina Neumann-Beer, die ebenfalls das Atelier besucht – nicht zum ersten Mal. Dank der Stiftungen, der IGS Herder, der Jugendlichen und deren Eltern – schließlich wurden die Ferien genutzt – sind so viele interessante Kunstwerke entstanden. Sie werden in einer Ausstellung am 28. Juni um 17 Uhr in der Mensa der IGS öffentlich gezeigt.

Liv hat nach den letzten kleinen Korrekturen ihr Bild fertig. Sie hat das Thema Zeit auf ganz eigene Weise künstlerisch umgesetzt: Bei ihr verwandelt sich eine sehr echt aussehende Raupe, die viele Blätter fressen muss, in einen bunten Schmetterling.