Interkulturelle Bühne beschäftigt sich mit Schuld, Gerechtigkeit und Recht Überleben im Frauenknast

Momente der Freude in schweren Zeiten: Die Inhaftierten tanzen im Stück „Frauenknast“.

Bornheim (jf) – Der Raum ist karg, ein paar Kinderbilder und Sprüche zieren die unverputzten Klinkermauern. An den Wänden stehen vier Metallbetten, in der Mitte befindet sich ein Tisch mit Hockern. In der Enge müssen fünf Frauen miteinander auskommen. Die beklemmende Szene gehört zu dem Stück „Frauenknast“ – die neue Produktion der Interkulturellen Bühne in Alt-Bornheim 32. Es beleuchtet die Schicksale der Frauen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen ihre Haftstrafe antreten müssen.

Zum Beispiel Ayse (Seher Bayram). Sie erzählt ihrer Mitgefangenen Petra (Anja Schmidt), dass sie vor acht Jahren einen Antrag auf Asyl gestellt habe und Thomas kennen gelernt hat. Der vermittelte ihr einen Job als Blumenausträgerin. Dass sie mit den Sträußen Drogen weiterreichte, wusste sie nicht. Als das aufflog, wollte keiner sie gekannt haben. Und Papiere hat sie auch nicht. „Ich habe tausend Fragen. Und keine Antwort“, stellt sie fest.

Julia (Sonja Stamer) hat ihren Mann erschlagen, der nahezu täglich auf sie und ihr Kind einprügelte. Sie konnte das Weinen des Kindes nicht mehr ertragen.

Xana (Susanne Barwick) kommt niedergeschlagen von der Urteilsverkündung zurück ins Gefängnis. Lebenslänglich. Der Mittäter erhielt nur fünf Jahre. Xana tanzt zum Abschied mit den Frauen, dann muss sie in eine andere Haftanstalt.

Irgendwann erhält jede der verbliebenen vier Frauen einen Brief von Xana, in denen sie aus ihrem Leben erzählt. Die Erziehung der Mutter, die ausschließlich aus Schlägen bestand. Eine sexuelle Beziehung des Mädchens zu ihrem älteren Bruder, die als normal galt. Sie musste unzählige Vergewaltigungen ertragen. Wie kann man mit einem solchen Leben nicht selbst zur Gewaltverbrecherin werden? Ein Gutachten zieht entsprechende Schlüsse, der Fall ist klar: 15 Jahre Knast.

Auch Petra kommt niedergeschlagen von ihrer Verhandlung zurück. „Ich habe nichts verstanden, aber muss fünf Jahre hinter Gitter. Weil ich mit zu viel Geld am falschen Ort war, als eine Bank überfallen wurde.“

Bereits vor zehn Jahren hat Yusuf Kilic, der 1995 die Interkulturelle Bühne gründete, diesen Stoff bearbeitet. „Ich war früher beim Jugendamt, habe viel erlebt. Die Fälle aus dem Stück sind nicht erfunden, sondern beruhen auf tatsächlichen Ereignissen“, sagt er. Bei der Inszenierung assistierte ihm Ernst Sauer.

Das Stück kritisiert Urteile, die nicht nachvollziehbar sind. „Frauenknast“ ist hart, bunt, international und vielsprachig: Xanas Briefe werden auf Deutsch vorgelesen und musikalisch auf Spanisch vorgetragen. Türkisch und Französisch wird gesprochen, zum griechischen Sirtaki getanzt. Bei aller Schwere finden die Frauen selbst in der Haft Momente der Freude, fühlen sich für Minuten losgelöst von ihrem Schicksal.

Ein Jahr lang haben neben den bereits genannten Jürgen Zugck, Niklas Bauer, Meria Diabira, Delphina Hennig und Angela Marca de Fleer geprobt, oft kam Krankheit dazwischen. Deshalb musste die Premiere um zwei Wochen verschoben werden. „Frauenknast“ ist am 22., 23., 29. und 30. April um 20 Uhr zu sehen. Tickets sind im Internet unter interkulturelle-buehne.de buchbar.