Menschen, die etwas bewegen Vortrag in der Helmholtzschule zum Thema „Armut"

Yohana Arfiyne und Mark Ankerstein – zwei von sechs Gesprächspartnern auf dem Podium. Foto: Faure

Ostend (jf) – Oliver Knothe, Lehrer und Leiter des Fachbereichs II (Erdkunde, Ethik, Geschichte, Politik und Wirtschaft, Religion) am Gymnasium Helmholtzschule, begrüßte Jugendliche, Eltern und Ehemalige, die sechs Podiumsteilnehmer und die zwei Musiker zur zweiten Veranstaltung „Helmholtzschule am Abend“.

Als Moderator konnte ein Ehemaliger gewonnen werden: Klaus Fasold, Abitur 1975. 2009 gründete er die Keep the World Foundation, die Unternehmen bei der Planung, Auswahl, Organisation und Durchführung sozialer, kultureller und ökologischer Projekte unterstützt. „Im Vergleich zu 1990 ist der Anteil unterernährter Menschen laut Uno um die Hälfte zurückgegangen. Doch was heißt das wirklich?“, stellte Knothe die erste Frage in den Raum. Fasold zitierte aus der 1990 verabschiedeten UN-Kinderrechtskonvention, in der es um Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung, um das Recht auf Gesundheit, Bildung, Ausbildung, Freizeit, Spiel und Erholung, gewaltfreie Erziehung und Familie geht. „Aber alle fünf Sekunden stirbt ein Kind auf der Welt“, stellte Fasold fest.

Globalisierte Welt heiße auch, dass Abschiebungen nach Afghanistan ein Skandal seien, denn trotz jahrelanger Militäreinsätze sei das Land nicht sicher. In Frauengefängnissen gäbe es massive Misshandlungen. In Somalia registriere man eine Hungerkatastrophe nach der anderen. In Nigeria wüte die Terrororganisation Boko Haram – in Europa interessiere das wenig. In Eritrea herrschten Mafia-ähnliche Zustände. Haiti liege sieben Jahre nach dem Erdbeben noch immer in vielen Teilen in Trümmern. 300.000 indische Bauern begingen Selbstmord, weil sie die Preise für Gen-Saatgut nicht mehr zahlen konnten. „Das Problem der Krisenregionen ist, dass die Politik mit einem nach-kolonialen Blick auf diese Gebiete schaut“, kommentierte Fasold. Als positiv bezeichnete er die Entwicklung in Gambia, der bisherige korrupte Diktator Jammeh akzeptierte endlich seine Niederlage und ging ins Exil.

Ärzte arbeiten unentgeltlich in Projekten auf den Philippinen, in Indien, Bangladesch, Kenia und Sierra Leone

Was kann man tun angesichts solcher erschütternden Fakten? Nicole Kuhn, ausgebildete Kinderkrankenschwester und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie tätig, ist außerdem seit über zehn Jahren ausgebildete Fotografin und bereist die Krisengebiete der Welt. Erst vor ein paar Tagen kam sie aus dem Nahen Osten zurück. „Ich will etwas bewegen“, sagte sie, gründete mit Freunden und Familie die Initiative PoorPoor Help fort the Unseen und bringt nicht nur Bilder aus Krisenregionen mit, sondern hilft auch, wo sie kann. Mit ihrer Unterstützung konnte das Auge der kleinen Fatima gerettet werden: „Diese Operation kostet in Beirut 2088 Dollar“, erklärte sie. Spenden machten es möglich.

Über die Organisation German Doctors informierte Dr. Norbert Kohl. Die Ärzte arbeiten unentgeltlich in Projekten auf den Philippinen, in Indien, Bangladesch, Kenia und Sierra Leone. „Vor allem auf dem Land ist das Gesundheitswesen dort wenig entwickelt. Wir sind in der Basismedizin tätig.“ Acht Millionen Euro werden dazu jährlich benötigt und kommen durch Spenden zusammen. 3000 Ärzte arbeiteten bei German Doctors in den letzten 30 Jahren, verzichten auf ihren Jahresurlaub und sind sechs Wochen im Einsatz. „Die Flüge bezahlen wir zur Hälfte selbst, die größten Kosten sind die für das Personal vor Ort“, erklärte der Arzt und fügte hinzu: „Der größte Kulturschock ist für mich immer die Rückkehr nach Deutschland.“

„Es ist wichtig, mehr übereinander zu wissen.“

Mark Ankerstein, Vorstand Opportunity International Deutschland, unterstützt mit seiner Organisation den Ausbau von Kleinunternehmen durch Mikrofinanzierungen in Verbindung mit Schulungen. „Es werden keine Almosen vergeben, sondern Hilfen geboten, um von der eigenen Arbeit leben zu können“, erklärte Ankerstein. „Wir sind froh, wenn wir uns aus einer Region zurückziehen können, weil es funktioniert“, fügte er hinzu.

Yohana Arfiyne kam vor 14 Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling von Eritrea nach Deutschland. Sie studiert, übersetzte in Marburg in Flüchtlingsunterkünften, organisierte eigene Projekte, um über ihre Heimat zu informieren: „Es ist wichtig, mehr übereinander zu wissen.“ Svenja Zimmer und Mubarik Sabir kamen von der Initiative Fight4Rights aus Stadtallendorf und setzen sich für Kinderrechte ein. „Es geht darum, nach diesem Abend nicht einfach aufzustehen und weiterzumachen wie vorher. Jeder kann selbst aktiv werden“, äußerte Sabir. Und traf damit genau das Anliegen aller Podiumsteilnehmer. Parsa und Amir gehören zum Projekt „Bridges – Musik verbindet“ – sie umrahmten den Abend musikalisch.