Trotz Chlorgasunfall bleibt die Luft im Freibad rein Dieburger Feuerwehr probt den Ernstfall

Ein Chlorgasunfall im Freibad bildete in diesem Jahr das Szenario für die Jahresabschlussübung der Dieburger Wehr und der Rettungskräfte. Foto: Just

Dieburg (mj) – Chlorgasunfall im Freibad: Das war am Samstag das Szenario der groß angelegten Jahresabschlussübung der Feuerwehr Dieburg. „Wo sind meine Finger?“, ruft Ve Waldt, während ihre Hand mit einem blutverschmierten Lappen umwickelt ist. Neben der Schülerin hyperventiliert Andrea Kern und agiert panisch, indem sie den Feuerwehrleuten verwirrte Dinge zuruft. Kurz darauf wird sie ohnmächtig.

Kein einfaches Szenario trafen die Dieburger Blauröcke am Samstagnachmittag bei ihrer großen Jahresabschlussübung an. Als um 14 Uhr die Sirene heulte, wurde ein Chlorgasunfall im Freibad samt Massenpanik der 800 Besucher angenommen. 50 Feuerwehrmänner und rund ein Dutzend Rettungskräfte von Johanniter und DRK und machten sich daraufhin zum Ludwig-Steinmetz-Bad auf.

Das Szenario hatte es in sich, denn die Feuerwehr musste nicht nur den Chlorgasaustritt stoppen, sondern aufgrund der giftigen Dämpfe auch einen Großteil der ersten Hilfe unter Atemschutz übernehmen.

Neun „Verletzte" sind zu versorgen

Die Sanitäter dürfen in solchen Fällen erst einige Meter abseits in der Verletztensammelstelle agieren, wo die Luft „rein“ ist. Bei den zu Rettenden ließen die Planer nichts aus: Gleich neun Personen – Statisten und Dummys – waren unter anderem durch Stürze zu versorgen. Hier steckte ein Schraubenzieher mit großem Blutverlust im Bein, dort lag ein Herz-Kreislaufstillstand oder ein gebrochener Oberschenkel vor. Rettungssanitäterin Andrea Kern (42), die eigentlich nur zum Schminken der Statisten gekommen war, übernahm kurzfristig ebenfalls noch eine Versehrten-Rolle. „Macht Stress!“, rief sie einigen Mitspielern für eine authentische Darstellung der Massenpanik zu.

Bei den zwei abgetrennten Fingern galt es für die Feuerwehr zu realisieren, nicht nur die Wunde als Erstversorger zu verbinden, sondern auch die Finger für ein mögliches Wiederannähen zu finden. Beim Wegziehen eines Verletzten aus der Gefahrenzone zeigte sich, dass der Rautek-Griff, der unter den Armen ansetzt, gar nicht so einfach zu handhaben ist. Auch wenn es in der Übung nicht brannte, wurden trotzdem Schläuche ausgerollt und Wasser zur Bindung des Chlorgases, das mit Disco-Nebel simuliert wurde, in die Luft gespritzt.

 „Übungsszenario nicht aus der Luft gegriffen“

Vor wenigen Jahren trat im Münsterer Hallenbad ein Chlorgasunfall auf. „Aus diesem Grund ist das Übungsszenario nicht aus der Luft gegriffen“, sagt Johannes Weiß, Pressesprecher der Wehr. Das trifft für ihn auch auf einen mögliche Panik samt Massenunfall zu. „In der Regel wird bei so vielen Verletzten die Logistik zum Problem.

Dann erhalten wir Unterstützung durch Rettungsdienste aus den angrenzenden Landkreisen“, erklärt Weiß. Bei vielen Einsätzen unter Atemschutz sind die Feuerwehren zusätzlich in der Notfallmedizin gefordert. „Deshalb frischen wir einmal jährlich am Stützpunkt die Erste Hilfe auf. Zusätzlich gibt es zum Thema weitere Lehrgänge in Kassel“, ergänzt der Pressesprecher. Die zweistündige Jahresabschlussübung endete mit einer detaillierten Übungsnachbesprechung sowie einem gemütlichen Beisammensein von Feuerwehr und Rettungsdienst. Auch hier gilt: Wer sich kennt, arbeitet besser zusammen.