Vom Thesenanschlag bis zu den Bauernaufständen Fechenheimer setzen die Lutherreise fort

Die von Luther übersetzte Bibel kann im Lutherhaus in Wittenberg bestaunt werden. Foto: eis

Fechenheim (eis) – Der Reisebericht der evangelischen Kirchengemeinde Fechenheim zu den Lutherstätten wird fortgesetzt. Die Fechenheimer Reisegruppe machte sich auf den Weg zum Höhepunkt der Reise nach Wittenberg.

In Wittenberg hatte Luther gewirkt, an der Universität gelehrt und seine 95 Thesen veröffentlicht. Dass Luther die Thesen tatsächlich eigenhändig an die Tür der Schlosskirche gehämmert hat, wird mittlerweile eher als unwahrscheinlich angesehen. Diese Legende beruhte vor allem auf einem Bericht seines Mitstreiters Philipp Melanchthon, der jedoch erst später nach Wittenberg kam und den Thesenanschlag gar nicht selbst gesehen haben kann.

Auf Stippvisite im Melanchthon-Haus

Bei einem dreistündigen Stadtrundgang durch Wittenberg wurde zunächst das Melanchthon-Haus besucht. Philipp Melanchthon, nach dem die evangelische Kirche in Fechenheim-Süd benannt ist, kam 1518 dorthin und lehrte ebenfalls an der Wittenberger Universität. Er wird häufig als „Lehrer Deutschlands“ bezeichnet, da er die Reformation auch als Bildungsinitiative zu nutzen verstand. Melanchthon war ein anderer Typ als Luther, er war diplomatischer und bevorzugte eher vegetarisches Essen, während Luther üppige Speisen liebte und mitunter eher burschikos auftrat.

Weiter ging es zur Wittenberger Universität. Zahlreiche namhafte Persönlichkeiten haben dort studiert. In Wittenberg wird zwar noch geforscht, Lehrbetrieb findet heute aber nicht mehr statt. Auch ein Besuch der Stadtkirche stand auf dem Programm, in der Luther ebenfalls predigte. Einen Blick warf die Gruppe auch in die Cranachhöfe. Lucas Cranach hatte mit seinen Bildern eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des reformatorischen Gedankenguts gespielt. Er unterhielt eine große Werkstatt mit zahlreichen Gehilfen. Nur so war die große Zahl von Bildern möglich.

Fechenheimer besichtigen das Portal, an dem Luther seine Thesen angeschlagen haben soll

Der Höhepunkt war der Besuch der Schlosskirche. Zunächst wurde das berühmte Portal besichtigt, an dem der Legende nach der Thesenanschlag stattgefunden haben soll. Das ursprüngliche Holztor ist nicht mehr erhalten. Stattdessen gibt es dort eine Bronzetür, auf der man die 95 Thesen nachlesen kann Tatsächlich diente damals die Kirchentür als eine Art „Schwarzes Brett“ der Universität. Mittlerweile geht man jedoch davon aus, dass Luther dort zwar eine Einladung zu einer „Disputation“ anbringen ließ, nicht aber die Thesen selbst. Luther verschickte auch Einladungen zu dieser Diskussionsrunde, denen er die Thesen beilegte. Eine davon an seinen direkten Vorgesetzten, Albrecht von Brandenburg, trägt das Datum des 31. Oktober 1517. Daher wird bis heute der 31. Oktober als Reformationstag begangen – in diesem Jahr sogar als richtiger Feiertag.

Die Ausmaße der Lutherbibel beeindruckten die Reisenden

Die Reisenden besuchten in Wittenberg noch das Lutherhaus, wo Luther gewohnt, gearbeitet und mit Studenten diskutiert hatte, von denen einige sogar in seinem Haus wohnten. Die von Luther übersetzte Bibel ist dort ebenfalls zu finden – ein wirklich dicker Wälzer! Auf dem Heimweg nach Fechenheim unternahm die Gruppe noch ein Abstecher zum Kyffhäuser-Denkmal, das zwischen 1890 und 1896 zu Ehren Kaiser Wilhelms I. errichtet wurde.

Die letzte Station der Fahrt war ein Besuch des Bauernkriegspanoramas in Bad Frankenhausen. Dabei handelt es sich um ein monumentales Rundgemälde des Leipziger Malers Werner Tübke. Seit 1524 kam es in Teilen Deutschlands zu Aufständen unzufriedener Bauern. Einer ihrer Anführer war der Prediger Thomas Müntzer, der zunächst die gleichen Ziele wie Luther verfolgte, sich später aber für die Rechte der kämpfenden Bauern einsetzte, während Luther die Aufstände verurteilte. 1525 fand in Frankenhausen eine der letzten großen Schlachten der Bauernaufstände statt, die blutig niedergeschlagen wurden. Müntzer wurde gefangen genommen und später hingerichtet.

Das Bild entstand zwischen 1976 und 1987 und wurde in dem eigens dafür errichteten Rundgebäude untergebracht. Das Gemälde ist 123 Meter lang und 14 Meter hoch. Die Vielfalt von über 3000 dargestellten Personen erschlägt den Betrachter im ersten Moment. Mittels eines Audioguides konnten sich die Besucher dann aber zumindest einen groben Überblick verschaffen. Nach einer Stärkung bei Kaffee und Kuchen machten sich die Luther-Reisenden dann auf die letzte Etappe nach Fechenheim.