Boris Rhein besucht das Lessing-Gymnasium „Beeindruckend und spannend“

Katinka Engers (von links), Ronan Kevin da Silva Sieland und Boris Rhein am Lessing-Gymnasium. Bild: Faure

Westend (jf) – „Es freut mich sehr, im Lessing-Gymnasium zu sein“, setzte Ministerpräsident Boris Rhein seiner Rede in der Aula vor Schülern der Jahrgangsstufe neun sowie der E- und Q-Phase voran. 1991 hatte Rhein in dieser Schule das Abitur abgelegt. „Keiner hat versucht, dem anderen eine politische Meinung überzustülpen. Den liberalen Charakter des Lessing-Gymnasiums habe ich geschätzt“, ergänzte Rhein. Dann wandte er sich dem Thema „Grundgesetz“ zu und unterstrich: „Es gehört zu den wichtigsten Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland.“ Er blickte auf das Paulskirchenjubiläum zurück: „Ein Nationalstaat war vor 175 Jahren nicht normal, es herrschten Fürstentümer.“ Zwar sei die Paulskirchenverfassung nie in Kraft getreten, aber Elemente aus ihr finden sich im Grundgesetz wieder. „Das Grundgesetz bietet allen nie da gewesene Möglichkeiten der Entfaltung“, betonte der Ministerpräsident.

Selbstverständlich sei das jedoch nicht: „Es hat mutige Menschen gebraucht, um Freiheiten zu erringen.“ In rund 70 Ländern der Welt werden beispielsweise gleichgeschlechtliche Partnerschaften unter Strafe gestellt.

Am 1. Juli 1948 überreichten die drei westlichen Siegermächte den elf Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen die „Frankfurter Dokumente“, die als Grundlagen zur Erarbeitung einer Verfassung dienten. Zwei Monate später nahm der Parlamentarische Rat, dem 65 Mitglieder, darunter vier Frauen – Helene Wessel, Helene Weber, Friederike Nadig und Elisabeth Selbert – sowie fünf nicht stimmberechtigte Abgeordnete aus Berlin angehörten, in Bonn seine Arbeit auf. Am 8. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verabschiedet. „Dieses Gesetz ist eine beeindruckende und spannende Materie“, erklärte Rhein.

„Waren die Autoren des Grundgesetzes Machos?“, fragte Rhein rhetorisch. Tatsächlich wurde der Artikel zwei, Absatz zwei „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ zunächst abgelehnt. Doch die Frauen starteten eine Kampagne, sie ließen sich nicht unterkriegen. Also kam dieser Satz schließlich durch.

Moses hatte zehn Gebote, das Grundgesetz braucht 146 Artikel – ist das nicht zu viel? „Jeder Satz hat einen eigenen normativen Gehalt“, urteilte Rhein. Das Gesetz gliedert sich in Grund- und Organisationsgesetze, begründet und begrenzt Herrschaftsansprüche. „Wir sollten uns mehr mit dem Grundgesetz beschäftigen, seine Artikel mit Leben erfüllen“, bemerkte er am Schluss seiner Ausführungen.

Dann kamen die Schüler zu Wort. Katinka Engers und Ronan Kevin da Silva Sieland hatten Fragen gesammelt und trugen einige davon vor: „Wie kann man das Erstarken rechter Parteien eindämmen?“ Rhein antwortete, dass zuallererst politische Bildung wichtig sei. Außerdem müsse man präventiv und gegebenenfalls repressiv vorgehen. „Sind Grundgesetz und Videoüberwachung vereinbar?“, lautete eine andere Frage. „Es gibt immer Grundrechte, die im Widerspruch zueinanderstehen. Hier geht es einmal um Freiheit und zum anderen um körperliche Unversehrtheit. Das muss austariert werden. Aufgrund von Videoüberwachung auf besonders gekennzeichneten Plätzen konnten wir 2022 beispielsweise rund 4200 Straftaten in Hessen aufklären“, äußerte Rhein.

Weitere Fragen drehten sich um Chancengleichheit und digitale Ausstattung der Schulen. „Von Digitalisierung ist bei uns noch wenig spürbar“, meldete sich eine Schülerin. Die Gymnasiasten sorgen sich außerdem um ihre Bildung, denn viele Lehrer fehlen in Hessen. Der Ministerpräsident hält dagegen, im Doppelhaushalt 2023/24 steigen die Ausgaben in diesem Bereich erstmals auf mehr als fünf Milliarden Euro.

Im Anschluss bekam Rhein Geschenke mit Bezug zur Schule – darunter einen Regenschirm mit dem Schriftzug des Lessing-Gymnasiums. „Damit der Ministerpräsident nicht im Regen stehen bleibt“, scherzte Fachbereichsleiter Michael Kern.

Weitere Artikelbilder