Sartres „Die schmutzigen Hände“ im Schauspiel zeigt Gedankenkarussell auf dem Weg zum Mord Was ist ein Menschenleben wert?

Matthias Redlhammer als Hoederer (Mitte) und Fridolin Sandmeyer als Hugo (rechts) in „Die schmutzigen Hände“ im Schauspiel Frankfurt.

Innenstadt (jdr) – Um das absurde Geratter, was sich im Kopf eines Mannes abspielt, der einen Mord plant – obwohl er gar nicht wirklich dazu im Stande scheint, einen Menschen zu töten – geht es in Jean-Paul Sartres „Die schmutzigen Hände“. Das Stück wird derzeit im Schauspiel Frankfurt am Willy-Brandt-Platz aufgeführt und beleuchtet ganz typisch für den französischen Dramatiker die Themen „Freiheit“ und „Werthaftigkeit“. Der Philosoph prägte den Ansatz, der Mensch sei frei, alles zu tun, was er will, er muss aber mit den Konsequenzen umgehen (können).

In dem 1948 uraufgeführten Stück macht Sartre das an Hugo deutlich. Gespielt von Fridolin Sandmeyer befindet sich dieser im Zwiespalt: Es herrscht Krieg und Hugo will sich „der Partei“ beweisen. Da er sowieso lebensmüde ist, sich destruktiv und „unbrauchbar“ fühlt, reißt er einen geplanten Mord an dem „Verräter“ Hoederer an sich, bei dem er eigentlich nur den Mittelsmann beziehungsweise Spitzel für seine Genossen spielen sollte. So zieht er mit seiner Frau Jessica (Lea Ruckpaul) bei Hoederer ein und wird sein Sekretär. Doch wirklich einen Mann zu töten, sein Leben für immer auszulöschen, gestaltet sich schwieriger als gedacht. Vor allem durch die konstruktiven Gespräche mit Hoederer (Matthias Redlhammer), der durch sein Verständnis und seine Zugewandtheit fast schon zur Vaterfigur für Hugo avanciert. Mit pathetischen Aussagen wie „Wenn man die Menschen nicht liebt, kann man nicht für die Menschen kämpfen“, beeinflusst der „Feind“ den Jungen, ohne es darauf anzulegen. Dieser fühlt sich zerrissen, schiebt den Abschluss seines Plans tagelang vor sich her. Die Partei wird unruhig. Hugo will es durchziehen, scheitert aber immer wieder an Courage und Herz. Brillant inszeniert von Lilja Rupprecht – klassisch mit modernen Einflüssen – bringt das Schauspiel-Ensemble ein Drama auf die Bühne, das den Zuschauer lebhaft in das Gedankenkarussell Hugos eintauchen lässt. Skurriles Gekreisel im stetig ratternden Kopf, von Absurdität geprägte Gedankensprünge, beißende Diskussionen mit der Frau. Immerwährender, wachsender Zweifel – am Auftrag, sich selbst, dem Leben; allem, was existiert – und dem Wert eines Menschen: Hugos innerer Konflikt droht zu eskalieren. Er trifft eine Entscheidung. Ob die im Sinne der Partei war, das muss nun nach zwei Jahren Gefängnis erst geklärt werden.

„Die schmutzigen Hände“, wieder einmal grandios im Schauspiel-Stil in Szene gesetzt, ist keine leichte Kost. Es zeigt – auch anhand verzerrender Masken – innere Konflikte eines vermeintlich gewillten Mörders, der sich entscheiden muss, um das für ihn „nötige Richtige“ schließlich umsetzen zu können. Es macht deutlich, was alles dahintersteckt, gewährt einen Blick in die inneren und äußeren Unwägbarkeiten der Seele eines jeden Menschen.

Es ist ein Bühnenwerk über Politik, Liebe, Eifersucht, den inneren Kampf, den jeder nur allein mit sich austragen kann.

Das Publikum schaut quasi direkt in Hugos Kopf und wird Teil seiner Zerrissenheit, seines eigenen unaussprechlichen Wirrwarrs, bei dem ihm niemand wirklich helfen kann. Die Besucher des Theaters erleben die Kluft des Mannes, der zunächst einzuschätzen lernen muss, was das Leben (für ihn) wert ist.

Sartres 135-minütige Stück „Die schmutzigen Hände“ (ohne Pause) ist am Samstag, 18. Februar, 19.30 Uhr, und am Sonntag, 26. Februar, 18 Uhr, zu sehen. Tickets zu zwischen zwölf und 52 Euro gibt’s online auf schauspiel frankfurt.de, unter Z 069 21249 494 (Montag bis Freitag, neun bis 19 Uhr, Samstag/Sonntag, zehn bis 14 Uhr) sowie vor Ort, Montag bis Freitag, zehn bis 18 Uhr, samstags, zehn bis 14 Uhr.