Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Preungesheim: JVA, Glögg und ein Bogen

An der Justizvollzugsanstalt erinnert ein Mahnmal an die Menschen, die zur NS-Zeit im Zuchthaus Preungesheim hingerichtet wurden.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

„Justizvollzugsanstalt“ ist der erste Gedanke, der mir beim Stadtteil Preungesheim in den Sinn kommt. Ich sollte mich also besser gut benehmen, wenn ich dort unterwegs bin. Von der U-Bahn-Station „Gießener Straße“ aus laufe ich die Homburger Landstraße entlang – laut Wikipedia Frankfurts längste Straße. Ich unternehme von dort einen Abstecher zur katholischen St. Christophoruskirche der Großpfarrei St. Franziskus. Das schiffsförmige Bauwerk aus dem Jahr 1962 sieht beeindruckend aus. Doch seine Zukunft ist ungewiss. Aufgrund von Einsparungen des Bistums Limburg und erheblicher Bauschäden könnte sogar die Abrissbirne drohen. Die Bürgerinitiative „St. Christophorus soll leben“ will mit Überlegungen zur Umnutzung des Gebäudes überzeugen.

Nächste Station ist die evangelische Festeburgkirche, die für ihre hervorragende Akustik bekannt ist. In direkter Nachbarschaft befindet sich der schwedische Kirchenverein, deren Gemeindemitglieder aus ganz Hessen kommen. Bundesweit hat der schwedische Kirchenverein noch Gemeinden in München, Berlin und Hamburg. Gottesdienste finden alle 14 Tage in dem gemütlichen Gemeinderaum statt. Der dortige schwedische Weihnachtsmarkt, bei dem es Glögg und andere schwedische Spezialitäten sowie skandinavische Handwerkskunst gibt, ist über die Grenzen Frankfurts bekannt und beliebt.

Von der schwedischen Gemeinde geht es zu den „schwedischen Gardinen“: Ich wage mich an die Justizvollzugsanstalt heran. Stacheldraht, Mauern, Kameras, vergitterte Fenster – nein, da möchte man nicht freiwillig einziehen. Auch nicht, wenn das dortige hessenweit einzige Frauengefängnis modernen Standards entspricht. Während der NS-Zeit wurden im damaligen „Zuchthaus Preungesheim“ Regimegegner und im Zweiten Weltkrieg auch Partisanen hingerichtet. Ein Mahnmal in Form von Tafeln mit Namen der Hingerichteten, einem Zitat von Ricarda Huch und der abstrakten Skulptur „Der geknebelte Mensch“ von Karl Hartung erinnert an die Opfer.

Die restliche Architektur des Stadtteils ist wesentlich einladender: Unter anderem gibt es schicke Villen, Häuser im Jugendstil und Fachwerkhäuschen zu sehen. Mein Weg führt mich weiter zur evangelischen Kreuzkirche und dem dazugehörigen barocken Pfarrhaus, in dessen Erdgeschoss sich das Stadtteilmuseum des Preungesheimer Kultur- und Geschichtsvereins befindet. Bei Sanierungsarbeiten der Kirche wurden Mauerreste aus der Karolingerzeit, Skelette, ein mittelalterliches Gewölbe, gotische Fenster und Wandmalereien gefunden. Hinter der Kirche, auf dem Spielplatz am Flutgraben, gibt es einen kleinen Hügel, der das Überbleibsel der einstigen Burg Bachberg ist.

Ich mache einen Abstecher zum „Frankfurter Bogen“, Preungesheims neuestes Wohnquartier im Bogen der A 661. Moderne Gebäude, viele weitläufige Grünflächen und Spielmöglichkeiten für Kinder prägen dort das Bild. Etliche der dortigen Straßennamen sind Apfelsorten gewidmet. Eingefasst werden die grünen Flächen von einer Lärmschutzmauer, dahinter rauscht die Autobahn. Das Zentrum der Siedlung ist der Gravensteiner-Platz mit Einkaufsmöglichkeiten, einem Wochenmarkt sowie Straßenbahn- und Bushaltestellen.

An das neue Wohngebiet grenzt der Sportpark Preungesheim, eine der größten Bezirkssportanlagen in Frankfurt. Dort trainieren Sportvereine, aber auch Schulklassen und Kitagruppen toben sich auf dem Areal aus. Neben Fußballplätzen gibt es dort Leichtathletikflächen sowie eine Dreifeldhalle. Zurück nach Hause geht es dann mit der Straßenbahnlinie 18, die seit 2011 den Frankfurter Bogen mit der Frankfurter Innenstadt verbindet.

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