Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Unterliederbach: Reich an Kontrasten

Der Kuppelbau der Jahrhunderthalle: Nicht nur ein Hingucker, sondern auch Garant für eine tolle Akustik.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

Es geht weit in den Westen, nämlich nach Unterliederbach. 1917 wurde Unterliederbach gemeinsam mit Sindlingen und Zeilsheim nach Höchst eingemeindet und Höchst wurde wiederum 1928 ein Stadtteil von Frankfurt. In Unterliederbach kenne ich vor allem die legendäre Jahrhunderthalle – und dort starte ich auch meine Tour. Über die S-Bahn-Haltestelle „Farbwerke“ kommt man nach einem kleinen Fußweg gut dorthin. Der Kuppelbau verleiht der Konzert- und Kongresshalle nicht nur ein markantes Äußeres, sondern sorgt drinnen auch für eine tolle Akustik. Ich folge der Silostraße und passiere die nächste Veranstaltungsstätte: Die futuristisch wirkende Ballsporthalle Frankfurt, die von 2011 bis 2021 Fraport Arena hieß. Und sportlich geht es weiter, denn in unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das Silobad, Frankfurts ältestes beheiztes Freibad.

Statt ins Schwimmbecken tauche ich plötzlich in eine völlig andere Welt ein, denn kreuzt man ungefähr auf Höhe des Silobads die Gleise der Königsteiner Bahn gelangt man in die Siedlung „Heimchen“, die in den 1890er-Jahren als Wohnsiedlung für die Arbeiter der Farbwerke Höchst im Stil englischer Gartenstädte angelegt wurde. Die Straßen sind nach Vogelarten wie Fink und Grasmücke benannt, die Häuschen, die an englische Cottages erinnern, von Gärtchen umgeben. Mir begegnen Hühner und Katzen und ich komme mir fast vor wie in einem Disney-Film. Zauberhaft!

Vorbei am Zuhause des Höchster Tennis- und Hockey-Clubs begebe ich mich in die Peter-Bied-Straße. Dort wird gerade laut Bauschild ein Luftschutzbunker in ein „Gebäude zur Unterbringung einer Privatsammlung historischer Automobile“ umgewandelt und im Dachgeschoss soll eine Wohnung entstehen. Vor dem Klinikum Höchst biege ich links in die von Gastronomie und Gewerbe geprägte Königsteiner Straße ein, passiere die katholische St. Johanneskirche und biege schließlich rechts in den Sossenheimer Weg ein, der mich zum auf Unterliederbacher Gemarkung liegenden Höchster Hauptfriedhof führt. An die grüne, ruhige Oase schließt sich ein Kleingartenverein an. Doch gleich erwartet mich schon wieder ein Kontrastprogramm, das faszinierend und befremdlich zugleich ist: Die sogenannte „Papageiensiedlung“ am Cheruskerweg. Parallel zur Autobahn A66 wurde 1974 ein lang gezogener Hochhauskomplex fertiggestellt, der sozusagen Wohnraum und Schallschutzwand in einem ist. Ursprünglich war jedes Haus in einer eigenen Farbe gehalten – daher der Name „Papageiensiedlung“ – nach einem neuen Anstrich sind die Häuser aber nicht mehr ganz so bunt. Vor den Häusern gibt es viele Spielmöglichkeiten für Kinder. Einige kurven lachend mit Rollern und Rädchen in ihrem Quartier mit dem bezeichnenden Namen „Engelsruhe“ herum. Ein paar Nachbarn haben sich zum Plausch auf kleinen Mäuerchen vor dem wuchtigen Gebäudekomplex niedergelassen. Sie wirken entspannt.

Am Ende des Cheruskerwegs gelange ich wieder auf die Königsteiner Straße, quere diese und laufe über die Hans-Böckler-Straße in Richtung des Liederbachs, der sich plätschernd durch den Stadtteil schlängelt und zum Teil von einem netten Spazierweg flankiert wird. Am Geißspitzweg überspannt eine Steinbrücke das Gewässer, die aber durch die üppige Vegetation schlecht zu fotografieren ist.

Ich schaue mir den Graubnerpark mit der barocken Graubner’schen Villa, dem Ehrenmal und dem Spielplatz an, bevor ich mich schließlich zum Ortskern begebe. Ich habe mich darauf eingestimmt, dass es gleich wieder entzückend dörflich wird und werde nicht enttäuscht.

In der Heugasse ist am Markt- und Kerbeplatz der ehemalige Domprobsteihof zu sehen sowie hübsche Hofreiten, es gibt urige Gaststuben, die ehemalige Gemeindewaage für Fuhrwerke (Liederbacher Straße 123) und das Schmuckstück: Die evangelische Dorfkirche aus dem Jahr 1716, die auf mittelalterlichen Fundamenten steht. Sie liegt etwas versteckt in der Heugasse und ist ein hessisches Kulturdenkmal. Leider stehe ich vor dem verschlossenen Tor zum Kirchhof. Im Schaukasten ist zu lesen, dass die Kirche samstags von 16 bis 18 Uhr geöffnet ist. Ein Grund mehr, bei Gelegenheit noch mal in dem Stadtteil vorbeizuschauen. Über die Liederbacher Straße und vorbei an der modernen evangelischen Stephanuskirche begebe ich mich zur S-Bahn-Station „Höchst“ und mache mich beeindruckt von der kontrastreichen Tour auf die Heimreise.

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