Zweite Ausstellung im Jubiläumsjahr der Sammlung der DZ Bank Vielfalt und Faszination Erde

Lena von Goedeke vor ihrem Werk „Lot VI“, rechts daneben stehen drei Tablets mit Uranglasfingern. Bild: Faure

Westend (jf) – Pilze, Bäume, Zellstrukturen, Vulkanasche, Wasser, Sedimentgestein, Gletscher. Alles hängt zusammen. In der Ausstellung „Erde. Verwobenes Leben“ der Kunststiftung der DZ Bank sind mehr als 30 Exponate von 24 Künstlern zu sehen. Seit 1993 besteht die Sammlung mit Schwerpunkt auf fotografischen Ausdrucksformen, sie umfasst gegenwärtig 10.000 Werke von rund 1100 internationalen Kunstschaffenden. Darunter befindet sich auch die in der Exposition zu sehende Klanginstallation „Leerraum“ von Timo Kahlen. Auf einer Floatglasscheibe steht: „Man muss sich beeilen, wenn man noch etwas sehen will. Alles verschwindet.“ Dieses Zitat von Paul Cezanne wird von Vogelgezwitscher aus einem Lautsprecher begleitet, Singvögel auf Menschenhänden, fotografiert am Ende des 20. Jahrhunderts von Jochen Lempert, umrahmen die Installation.

„Wir wollen mit dieser Ausstellung das ‚Wunder Erde’ vermitteln“, erklärt Christina Leber, Leiterin der seit 1993 bestehenden DZ Bank Kunstsammlung und Geschäftsführerin der 2020 daraus hervorgegangenen Kunststiftung. Zur Faszination Erde gehört der Fakt, dass es seit 715 bis 810 Millionen Jahren Pilze gibt, aber gegenwärtig 95 Prozent dieser Myzelien noch gar nicht sequenziert sind. Uralte Lebensformen im Vergleich zum Homo sapiens, der erst seit etwa 300.000 Jahren existiert – und doch für große Veränderungen auf der Erde verantwortlich ist.

Lena von Goedeke hat 2018 unter anderem „The Arctic Circle Residency“ erhalten und sich das lebensfeindliche Spitzbergen als Wahlheimat auserkoren. „Es ist meine Lieblingslandschaft, mein Habitat“, sagt sie. Auf einem aus zwölf Tafeln bestehenden Werk ist eine Gletscherlandschaft zu sehen, die es so gar nicht mehr gibt. „Ich habe einen Moment festgehalten, etwas später hat sich die Realität schon verändert.“ Seit vielen Jahren arbeitet sie mit der Technik des Scherenschnitts, hat aus einem reflektierenden Stoff unterschiedlich große Dreiecke per Hand herausgeschnitten. So wirkt das Werk „Lot VI“ bei richtiger Beleuchtung dreidimensional und beeindruckend. „Wenn man sich überlegt, dass die Eisberge im Jahr um 170 Meter zurückgehen und das mit der 200 Meter hohen DZ Bank vergleicht, ist das erschreckend“, bemerkt Leber.

Schnell noch mal nach Longyearbyen, in die nördlichste Siedlung der Welt? Noch einen Blick auf die Gletscher werfen, ehe sie verschwinden? Wenn dabei Natur nicht noch stärker zerstört wird, der Ort mit seinen etwa 2400 Einwohnern nicht von Touristen überrannt wird, hat von Goedeke wenig einzuwenden. Das Kameradisplay ist immer stärker zwischen Mensch und Natur gerückt. Für die Künstlerin ist damit eine schmerzhafte Erfahrung verbunden: Sie zog sich bei Drohnenaufnahmen Erfrierungen an den Händen zu. Künstlerisch sichtbar macht sie das mit wie Eis aussehenden Fingern aus Uranglas auf Tablets mit den Aufnahmen der Drohnen.

Ist die geopolitische Katastrophe noch aufzuhalten? „Wir schreien ins Nichts“, sagt von Goedeke. Aber Aufgeben ist keine Option für sie, sie will wie alle anderen Kunstschaffenden, die an dieser Ausstellung beteiligt sind, aufrütteln. Die Exposition im Cityhaus I, Friedrich-Ebert-Anlage, ist bis 7. Oktober dienstags bis samstags, elf bis 19 Uhr, zu sehen, der Eintritt ist frei. Es gibt Führungen, Workshops und Gespräche mit den Künstlern, Details auf kunststiftungdzbank.de.