Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Bonames: Pilgerwege und Fachwerkidylle

Malerische Fachwerkidylle: Im Ortskern von Bonames kann man sich vom dörflichen Charme verzaubern lassen. Fotos: Hagemann

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

Was mir sofort zu Bonames einfällt, ist der Alte Flugplatz. Auf der ehemaligen Anlage der US Air Force haben Landschaftsarchitekten die Landebahn aufgebrochen, damit sich Mutter Natur dort austoben kann. Auf dem verbliebenen Asphaltstreifen üben Kinder Fahrradfahren und Skater trainieren ihre Kunststücke. Auch zum Drachen steigen lassen wird das Gelände gerne genutzt. Zudem gibt es Lernstationen, an denen Kindern und Jugendlichen Flora und Fauna näher gebracht wird. Dieses Natur- und Freizeitgelände im Grüngürtel, das auf den Gemarkungen Bonames und Kalbach-Riedberg liegt, ist meine erste Anlaufstation. Auf dem Fußweg von der U-Bahn-Station Kalbach zum Alten Flugplatz werfe ich noch einen neugierigen Blick in die Ludwig-Ruppel-Straße: Dort sind die Wohnhäuser hufeisenförmig angeordnet – ein außergewöhnlicher Anblick.

Ein Besuch auf dem Alten Flugplatz ist vor allem im Sommer lohnenswert, aber auch in den Herbst- und Wintermonaten ist es ein beeindruckendes Fleckchen Erde. In dem Baumbestand zwitschern die Stare, Kormorane behalten aus den Wipfeln Nidda und Kalbach im Blick, an den Baumstämmen in Ufernähe haben Biber deutliche Spuren hinterlassen und ein Reiher schreitet gemächlich über die Wiese. In den Feuchtbiotopen sind im Sommer Froschkonzerte zu hören, aber auch im herbstlichen Nebel oder gar von Schnee bedeckt üben sie eine Faszination auf den Betrachter aus. Eine Besonderheit ist das Weidenlabyrinth neben dem Feuerwehrmuseum, das einen „Pilgerweg im Kleinen“ darstellt. Auf dem Weg durch die wendungsreichen Pfade ins Innere wird auf zwölf Stelen stellvertretend für alle Flüchtlinge, die übergangsweise auf dem Alten Flugplatz gewohnt haben, die Geschichte einer Flucht erzählt. Die Anlage mit 30 Metern Durchmesser und rund 300 Metern Wegstrecke ist laut Hinweisschild einzigartig im Rhein-Main-Gebiet. Von März bis Oktober ist es immer sonntags begehbar.

Neben jeder Menge lebendiger Tiere begegnet den Besuchern des Alten Flugplatzes an der Brücke, die über die Nidda führt, das berühmte Frankfurter Grüngürteltier. Die Brücke ist nach Robert Gernhardt, dem Schöpfer der fantasievollen Kreatur mit den Drachenflügeln und der Schweinenase, benannt. Wer von naturbelassenen Anlagen dann immer noch nicht genug hat, macht sich auf den Weg in den Nordpark, der in einer renaturierten Flussschleife liegt. Dort gibt es neben Grill- und Sportplätzen jede Menge Natur in Form von Wildwiesen, Totholzbeständen und Findlingen. Dort treffe ich „Herrn Sondermann“: Der Buchhalter mit Hut und Brille ist eine bekannte Comicfigur des Karikaturisten Bernd Pfarr, der diese nach dem Gründer des Satire-Magazins „Titanic“ Gerhard Sondermann benannt hat. Die aus Sandstein gemeißelte Figur im Nordpark hat der Künstler Andreas Rohrbach geschaffen. Über eine hübsche Holzbrücke verlasse ich den Nordpark, klettere im Zickzack Serpentinen hinauf und marschiere oben angekommen Richtung Bonameser Ortskern.

Dieser ist malerisch: Gepflegte Fachwerkhäuser, ehemalige Hofreiten und Scheunen, die Straßen sind klein und verwinkelt – wer das Weidenlabyrinth am Alten Flugplatz nicht begehen konnte, wird dort dafür entschädigt. Schmucke Gasthäuser, wie die „Goldene Gerste“ und „Zum Einhorn“, lassen Zweifel daran aufkommen, dass man noch in Frankfurt ist. Reste der alten Stadtmauer wurden in Neubauten und Vorgärten integriert. Die barocke evangelische Kirche gehört laut Hinweistafel zu den ältesten protestantischen Kirchenbauten in Hessen. Weit moderner ist die katholische St. Bonifatius-Kirche.

Diese Kirche wird gerne von Pilgern angesteuert, die auf der Bonifatius-Route, die Mainz und Fulda verbindet, unterwegs sind. Auf ihrem Weg passieren die Gläubigen Bonames und können sich an der Bonifatius-Kirche ihren Stempel für den Wanderausweis holen. Unabhängig von Bürozeiten steht der Stempel, der den Heiligen Bonifatius zeigt, samt Stempelkissen in einem Briefkasten bereit.

Der dörfliche Charme des Bonameser Ortskerns steht im Kontrast zu den Hochhäusern und Bausünden, die weiter im Norden auftauchen. Das Viertel am Ben-Gurion-Ring hat dem eigentlich bezaubernden Stadtteil so manche Negativ-Schlagzeile beschert, aber ich bin einfach nur begeistert vom alten Ortskern. Über Bonames-Mitte – der Stadtteil ist durch die U-Bahn gut angebunden – mache ich mich wieder auf den Nachhauseweg.

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