Beindruckende Ausstellung auch im Historischen Museum Frankfurt Gedenken am Campus Riedberg

Frederike Ott trug aus „LTI – Notizbuch eines Philologen“ vor.

Riedberg (zmo) – Es war der 27. Januar 1945: Der Tag, an dem die Rote Armee das nationalsozialistische Konzentrationslager Auschwitz befreite. 77 Jahre später erinnern Menschen rund um den Globus an die Gräueltaten des NS und gedenken aller, die aufgrund von Ethnie, Religion oder politischen Einstellungen gequält, entrechtet, verfolgt oder ermordet wurden.

Auch in Frankfurt wurde an den Holocaust gedacht. Dominiek Lootens, Leiter des Centre for Dialogue at Campus Riedberg, eröffnete den internationalen Tag des Gedenkens und erinnerte daran, welchen Einfluss der Nationalsozialismus auch in Frankfurt hatte. Dabei wies er hier auf eine aktuelle Ausstellung im „Historischen Museum Frankfurt“ hin, die sich in drei Formaten dem Thema „Frankfurt und der Nationalsozialismus“ widmet: Diese zeigt auch, wie sich die vor 1933 als äußerst liberal und demokratische Stadt mit dem höchsten jüdischen Bevölkerungsanteil im Reich so schnell und radikal dem NS andienen konnte – und wie schwer sie sich danach mit der Aufarbeitung getan tat.

Auch Professor Harald Schwalbe, Naturwissenschaftler der Uni Frankfurt, äußerte sich sehr emotional über die Geschehnisse der NS-Zeit und erinnerte an die aktuelle Fernsehdokumentation „Die Wannseekonferenz“, die in fast „spielerischer“ Sprache über die „Lösung der Judenfrage“ diskutierte: „Ich war erschüttert über die Sprache der Diktatur, die bedauerlicherweise heute wieder in ähnlicher Form in den sozialen Medien wie Facebook oder Twitter zu finden ist.“

Die „Sprache der Diktatur“ war auch Bestandteil der Lesung von Schauspielerin Frederike Ott, die aus dem Buch „LTI – Notizbuch eines Philologen“ zitierte. Der Literaturwissenschaftler Victor Klemperer schildert in diesem Buch akribisch tägliche Demütigungen und Ausgrenzungen, denen er als jüdischer Intellektueller in der Zeit des NS ausgeliefert war. Gemeint ist mit LTI „Lingus Tertii Imperi“, die Sprache des Dritten Reiches.

„Die Beobachtung der Sprache in der Diktatur erhielt mich am Leben. Sie war meine Balancierstange, ohne die ich 100 Mal abgestürzt wäre. In Stunden des Ekels und der Hoffnungslosigkeit, in der Öde mechanischer Arbeit, an Kranken- und Sterbebetten, in Bedrängnis und Schmach, immer half mir die Forderung: ,Präge dir ein, was passiert, morgen fühlst du es schon anders.’“ So gab Ott emotionale Einblicke aus den Werken des Romanisten Klemperer. Die Schauspielerin, bekannt aus dem Tatort und anderen Fernsehproduktionen, beeindruckte nicht nur anwesende Zuschauer, sondern auch die im Live-Stream.

Klezmers Techter, eine international auftretende Frauen-Musikgruppe, die auch schon in der Alten Oper auftrat und begeisterte, begleitete die Gedenkveranstaltung mit traditionellem, jüdischem Liedgut, aber auch mit eigenen Kompositionen.

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