Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Niederursel: Ein Ort, zwei Rathäuser

Gläserne Bögen: Blick auf die Gewächshäuser des Wissenschaftsgartens am Uni-Campus Riedberg.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

In Niederursel war ich vor einiger Zeit schon einmal – genauer gesagt habe ich an einem Eselspaziergang, angeboten vom Verein Schilasmühle, teilgenommen. Ich erinnere mich nicht nur an die herzensguten Tiere, sondern auch an viele Felder, in die mich die kleine Wanderung damals geführt hat. Zeit, mir endlich einmal den Rest des Stadtteils anzusehen. Ich starte im Norden, am Naturschutzgebiet Riedwiese, aus dem sich ein begrünter Deponiehügel in die Höhe wölbt, und passiere das Mertonviertel, mit seinen vielen Bürobauten aus Beton und Glas.

Vorbei am 14. Polizeirevier und entlang der Marie-Curie-Straße begebe ich mich zum Campus Riedberg der Goethe-Universität. Besonders sehenswert ist der Wissenschaftsgarten mit seinen verschiedenen Biotopen und den geschwungenen Gewächshäusern. Wenn es das Pandemiegeschehen zulässt, können Interessierte das Gartengelände besuchen.

Nachdem ich genug zwischen den Instituten der Universität herumgeschlendert bin, schlage ich mich in südlicher Richtung zum Niederurseler Ortskern durch. Dort gibt es jede Menge knuffiger Fachwerkhäuschen. Mit mindestens zweien davon hat es eine besondere geschichtliche Bewandtnis: Das Dorf Niederursel war einst zweigeteilt – ein Teil gehörte zu Frankfurt, der andere fiel in den Zuständigkeitsbereich der Grafen von Solms-Rödelheim. Im 19. Jahrhundert wurde Niederursel wieder vereint. Aus der Zeit der Teilung stammen die beiden Rathäuser an der Straße Alt-Niederursel. Das Frankfurter Rathaus von 1716 und das Solms-Rödelheimsche von 1718 befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander, auf der jeweils gegenüberliegenden Straßenseite.

Ein weiteres markantes Bauwerk ist die evangelische Gustav-Adolf-Kirche, die auf den Grundmauern der ehemaligen St. Georgskapelle errichtet wurde. Der Architekt Martin Elsaesser erbaute die Kirche 1927 auf einem achteckigen Grundriss. Das Gebäude wurde aus Beton gegossen. Teile der Georgskapelle wurden in den modernen Bau integriert. In der Mauer befindet sich noch die Kerkertür zum damaligen „Gehorsam“ inklusive der Prangerkette, an die die Verbrecher tagsüber angebunden und dem Spott der Vorübergehenden ausgesetzt wurden, bevor es nachts wieder in das „dunkle Loch“ hinter der hölzernen Tür ging.

Ebenfalls in Alt-Niederursel befindet sich „der Hof“ – eine Reihe von Einrichtungen, die sich mit der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie und Waldorfpädagogik beschäftigen und die in renovierten Fachwerk-Hofreiten zuhause sind. Zum Angebot gehören unter anderem verschiedene Bildungsstätten sowie ein Bio-Laden und auch das eingangs erwähnte naturpädagogische Zentrum Schilasmühle mit seinen tierischen Bewohnern.

Allgegenwärtig im Stadtteil ist das Murmeln des Urselbachs, über den zahlreiche kleine Brücken führen. Dort gibt es auch Biberratten zu entdecken. In der vorindustriellen Zeit machten sich die Niederurseler die Kraft des Urselbachs zunutze. Etliche Mühlräder drehten sich dort zu jener Zeit – in Betrieb ist heute keine der Mühlen mehr. Doch erinnert der rund 15 Kilometer lange „Mühlenwanderweg“, der entlang des Urselbachs zwischen Nieder- und Oberursel verläuft, an die Zeit der Getreide-, Papier- und Tabakmühlen. Mein Weg führt mich zum Abschluss weiter in den Süden, Richtung Nordweststadt. Der beschauliche Ortskern weicht zweckmäßigen und eher schmucklosen Siedlungsbauten – ein recht harter Übergang. Der großzügig angelegte Martin-Luther-King-Park mit seinem hübschen Teich als Herzstück sowie Wiesen, Spazierwegen, Fitnessgeräten und Spielmöglichkeiten streichelt noch einmal die Seele, bevor es mit der U-Bahn wieder nach Hause geht.

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