Die ökumenische „Tiny Church“ soll im Lyoner Quartier in Niederrad Anlaufpunkt werden Dream big: Kleinste Kirche Frankfurts

So soll die Tiny Church aussehen. Grafik: Koop Architekten und Ingenieure/Weimar/p

Niederrad (red) – Schwarze Seiten, schwarzes Spitzdach: Von außen erinnert erst einmal nichts an eine Kirche. Doch schaut man genauer hin, findet sich sehr wohl ein christliches Symbol. „Die Einfassung der Fenster auf der hinteren Seite, dort, wo es zur Mini-Terrasse geht, bildet ein Kreuz“, erklärt Pfarrer Werner Portugall von der Pfarrei St. Jakobus. Das Subtile gefällt ihm an dem Entwurf der Architekten von Koop aus Weimar. Und es passt zum Konzept. Denn wenn die „Tiny Church“ wohl im Frühling fertig ist und an ihrem Platz im Lyoner Quartier in Niederrad steht, soll sie ein Ort für alle Menschen im Stadtteil sein, egal ob christlich getauft oder nicht, egal ob gläubig oder nicht.

Die „Tiny Church“ der Pfarrei St. Jakobus ist ein Herzensprojekt, an dem bereits seit vielen Jahren geplant wird. Und das die Beteiligten auch schon einiges an Nerven gekostet hat. „2009 und 2010 hatten wir hier eine Friedensdekade, in der es damals auch ums Lyoner Quartier ging“, berichtet Portugall. Die Ökumenische Friedensdekade findet jedes Jahr in den zehn Tagen vor dem Buß- und Bettag statt und soll das Engagement der Kirchenmitglieder für Friedensfragen stärken. Das kann, wie in Niederrad geschehen, oft sehr konkret werden, wie Portugall erklärt: „Aus den leer stehenden Büroflächen in der Lyoner Straße sollte Wohnraum werden, drumherum urbanes Leben mit Geschäften und Restaurants. Und wir haben uns erstmals gefragt: Wenn dort ein neues Viertel entsteht, wie kann es gelingen, dem ein Herz zu geben?“

Eine klassische neue Kirche kam erst mal nicht in Frage, zudem sich in den Jahren danach herauskristallisierte, dass die Pfarrei in Goldstein ein neues Gotteshaus bauen würde. Die damalige Pastoralreferentin in St. Jakobus, Simone Krämer, holte verschiedene Teilnehmer an einen Tisch, um das Thema zu diskutieren, darunter auch die Evangelische Kirche in Frankfurt und Offenbach sowie einen Investor. Gemeinsam schmiedeten sie große Pläne, träumten von einem Kulturzentrum mit Gastronomie, Einzelhandel, Wohnungen. Doch es scheiterte an der Umsetzbarkeit.

Aber gar nichts zu machen kam auch nicht in Frage. „Ich möchte auf keinen Fall einfach mit Gitarre und Feuerschale losziehen“, sagt Portugall. „Da könnte sich der eine oder andere schon fast veräppelt fühlen von uns. Nein, pastorale Arbeit muss heute attraktiv und ungewöhnlich sein, damit die Menschen auf sie aufmerksam werden.“ Mit Aktionen wie einer Sitzbank auf Rollen, mit der das Pastoralteam regelmäßig im öffentlichen Raum zum Sitzen und vielleicht auch Erzählen einlädt, macht die Pfarrei gute Erfahrungen, und auch der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus zeigt: Projekte, die neugierig machen und einen Mehrwert bieten, haben Erfolg.

Schließlich wurde die Pfarrei auf den „Tiny House“-Trend aufmerksam und beschloss, gemeinsam mit den evangelischen Partnern, statt auf etwas Großes nun auf etwas Kleines zu setzen. Die 15 Quadratmeter kleine „Tiny Church“ soll mit einem Tisch und Stühlen, einer Holzpellet-Toilette und einer Kaffeemaschine wenig pompös eingerichtet werden. Sie wird auf einem Anhänger erbaut, sodass sie mobil ist und an verschiedene Orte gebracht werden kann.

„Ich denke da an Straßentango, an Weinverkostungen, an eine Hüpfburg, denn hier gibt es aktuell ja nicht mal einen Spielplatz“, zählt der Pfarrer auf. Und natürlich können rund um die „Tiny Church“ auch Gottesdienste gefeiert werden. Portugall hofft, dass letzte Fragen mit dem Bauamt nun schnell geklärt werden, sodass die „Tiny Church“ nun endlich gebaut werden kann.