Tanja Sacher ist Pfarrerin im Kirchlichen Flüchtlingsdienst Hilfe für Geflüchtete, die am Airport stranden

Einführung in das Amt als Pfarrerin im kirchlichen Flüchtlingsdienst am Flughafen: Tanja Sacher mit (von links) Oberkirchenrat Detlev Knoche, Stadtdekan Achim Knecht und Pater Edward Fröhling von der katholischen Flughafenseelsorge. Foto Rolf Oeser/p

Flughafen (red) – In der Turnhalle in Höchst brannte die ganze Nacht über Licht. Als Tanja Sacher erfuhr, dass dort, zwei Häuser weiter, Menschen aus Syrien untergekommen waren, ging sie hin und fragte „Wie kann ich helfen?“ Das war 2015, als die evangelische Pfarrerin gerade ihr Vikariat machte. „Irgendetwas muss man tun, wenn Menschen Schreckliches erlebt haben und bei uns im Stadtteil in der Turnhalle schlafen“, sagt sie. Damals begann sie, Deutschkurse zu geben und geflüchteten Familien zu helfen.

Auch heute steht Sacher wieder Menschen zur Seite, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind: Im August 2021 begann sie ihre 50-Prozent-Stelle als Pfarrerin im kirchlichen Flüchtlingsdienst am Flughafen. Die andere Hälfte ihrer Arbeit leistet sie als Gemeindepfarrerin in Steinbach. Ein „krasser Unterschied“ bestehe zwischen diesen beiden Welten. Ihre Arbeit im Transitbereich der Cargo City Süd am Flughafen, de facto an der europäischen Außengrenze, wo entschieden wird, ob Geflüchtete nach Deutschland einreisen dürfen oder direkt wieder zurückgeführt werden, bezeichnet sie als „segensreich und schockierend zugleich“. Sie berichtet von Menschen, die traumatisiert sind, die Angst haben, die hoffen und beten, die verfolgt werden, weil sie sich für die Rechte von Benachteiligten einsetzten, weil sie gegen Luftverschmutzung protestierten, homosexuell sind, sich gegen ein totalitäres Regime aussprachen oder weil sie Frauen sind. „Verzweiflung, Angst, Mut und Hoffnung liegen in der Einrichtung nah beieinander.“

Was es heißt, die Heimat zu verlassen, weiß Sacher aus eigener Erfahrung. Die 36-Jährige wurde in Nowosibirsk geboren und kam mit neun Jahren nach Deutschland. „Fremd, auf sich allein gestellt sein, eine neue Sprache, ein neues Alphabet lernen – diese Herausforderungen kenne ich, und das eröffnet mir Verständnis für die Menschen.“

Weil sie Russisch spricht und erfahren ist im seelsorgerlichen Umgehen mit Geflüchteten, verstärkt Sacher derzeit das Team der Flughafenseelsorge im Dauereinsatz für Menschen aus der Ukraine, die am Airport stranden.

In der großen Küche der Kirche am Flughafen im Terminal eins, Abflughalle B, blubbert die Kaffeemaschine. In einem der Besprechungsräume halten sich zwei Ehrenamtliche für Einsätze bereit. Im Raum daneben schläft jemand. Tanja Sacher schließt leise die Tür, erzählt von Menschen, die nach ihrer Flucht aus der kriegszerstörten Ukraine erst mal mehrere Stunden am Stück schlafen, duschen, etwas essen, bevor sie realisieren, dass sie zum ersten Mal seit Wochen in Sicherheit sind. Sie berichtet von zwei Männern, die gerade da waren, im Wohnwagen über die polnische Grenze fliehen konnten und jetzt dringend Wohnung und Arbeit suchen, um ihre Familien nachzuholen, die sich zunächst innerhalb der Ukraine in Sicherheit brachten. Als Tanja Sacher sie auf Russisch begrüßte, sagten sie erleichtert: „Tanja, du bist jetzt die Person in Deutschland, die uns am nächsten steht.“ Sacher dazu: „Dabei hatte ich nur ,Hallo’ gesagt.“

Über Messenger-Dienste erfahren Menschen aus der Ukraine, dass sie am Flughafen Hilfe erhalten und Sacher hält darüber auch Kontakt zu Geflüchteten, die längst in andere Länder weitergereist sind. „Manche bleiben nur ein paar Wochen, bis sie ihre Einreisepapiere zusammen haben und in andere Länder weiterfahren können, wo Verwandte leben“, sagt sie. Daher weiß sie auch, „wie maximal gefährlich die Fluchtroute über Mexiko in die USA ist. Die Frauen und Kinder, die in Mexiko ankommen, fallen oft Schleppern oder Menschenhändlern in die Hände, die Frauen in die Prostitution zwingen“, erzählt Sacher. „Was gut funktioniert, ist die Ausreise nach Kanada, dort gibt es transparente Aufnahmeverfahren.“

Jüngst wurde Sacher in der Kapelle am Flughafen vom evangelischen Stadtdekan Achim Knecht und Oberkirchenrat Detlev Knoche in ihr Amt als Pfarrerin im Kirchlichen Flüchtlingsdienst am Flughafen eingeführt. Hilfe, die ankommt.