Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Rödelheim: Grüne Vögel und blauer Steg

Die steinerne Sternbrücke verbindet die Stadtteile Rödelheim und Bockenheim miteinander.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

Beim Stichwort Rödelheim fällt mir das Rödelheim Hartreim Projekt ein, die ehemalige deutschsprachige Hip-Hop-Band um Moses Pelham mit nicht gerade zimperlichen Texten. Und auch das Brentanobad ist mir ein Begriff. Aber was erwartet mich sonst noch in dem im Westen liegenden Stadtteil?

Schon am Bahnhof fällt mir die farbenfrohe Gestaltung der Wände an den Rampen zur Gleisunterführung auf. Dort hat der Graffiti-Künstler Justus Becker Frankfurt-Motive wie den Ebbelwoi-Express, den Eintracht-Adler und Goethe, aber auch den Rödelheimer Wasserturm verewigt. Vom am S-Bahnhof gelegenen Arthur-Stern-Platz weht mir der Duft von einem Brathähnchen-Wagen entgegen und einige Marktstände mit Gebäck, Nudeln und Käse geben mir das Gefühl, willkommen zu sein. Das fängt schon mal gut an!

Ich mache mich auf den Weg zu den beiden miteinander verbundenen Parkanlagen – dem Brentano- und dem Solmspark. Im Solmspark erwartet mich schon die erste Überraschung, denn ich höre lautes Vogelgezeter, das ich keinem einheimischen Piepmatz zuordnen kann. Beim Blick in den winterlich-kahlen Baumbestand sehe ich einen grünen Halsbandsittich. Das Internet verrät mir, dass sich diese exotischen Vögel dort vor einigen Jahren angesiedelt haben und ordentlich Radau machen. Um den rund fünf Hektar großen Solmspark fließen Nidda und Mühlgraben. In der Mitte des Parks steht eine botanische Seltenheit: Eine riesige kaukasische Flügelnuss. Wo bis 1943 das Schloss der Grafen zu Solms stand, erinnert ein Bronzemodell an das Bauwerk. Am südlichen Ende des Solmsparks führt eine schmale stählerne Brücke über die Nidda, die von den Rödelheimern bei einem Wettbewerb aufgrund der Farbe ihres Geländers auf den Namen „Blauer Steg“ getauft wurde. Seit 2009 wird – entsprechend dem verbindenden Element der Brücke – ein sommerliches Nachbarschaftsfest zu Ehren des Stegs gefeiert. Das „Wappentier“ der Brücke ist ein blauer Stegosaurus.

Der Brentanopark ist nicht minder idyllisch – mit seinen Ausblicken auf die Nidda und seiner Baumvielfalt. Am rauschenden Niddawehr steht das Petrihaus, das für Veranstaltungen genutzt wird und im Obergeschoss ein Brentano-Museum beherbergt. Der Kaufmann Georg Brentano kaufte Bäckermeister Petri 1819 das Haus ab, der Architekt Carl Friedrich Schinkel baute es später im Stil eines Schweizer Hauses um. Die geistige und politische Prominenz gab sich seinerzeit in dem kleinen Refugium die Klinke in die Hand. Neben dem Petrihaus steht ein mehr als 250 Jahre alter Ginkgobaum, der zu einer der ältesten seiner Art in Europa gehört. Und da wir gerade bei Superlativen sind: Das im Brentanopark ansässige Brentanobad ist Frankfurts größtes Freibad.

Ich unternehme einen Abstecher in die Rödelheimer Landstraße und schaue mir die Sternbrücke an. Die steinerne Straßenbrücke verbindet Rödelheim und Bockenheim. Der höchste der sieben Brückenbögen ist zwei Meter hoch, die Wiese, auf der die Bögen stehen, dient als Hundeauslauffläche. Auf dem Rückweg entdecke ich auf der „Mühlinsel“, an der Straße Auf der Insel, drei alte Mühlsteine, die an die 1966 abgerissene letzte Frankfurter Mühle erinnern.

Ein längerer Fußmarsch Richtung Gewerbegebiet, genauer gesagt ins Seegewann, steht an, denn dort steht das Rödelheimer Wahrzeichen, der Wasserturm. Die Spitze des ehemaligen Wasserhochbehälters, auf dem noch eine Wetterfahne thront, verleiht dem Funktionsgebäude eine gewisse Eleganz. Das 51 Meter hohe Bauwerk steht unter Denkmalschutz und wird mittlerweile zum Teil als Bürohaus genutzt.

Mein Weg führt mich nun zum Friedhof Westhausen, es ist der zweitgrößte Friedhof Frankfurts. Um dorthin zu gelangen, muss ich die Autobahn überqueren und stelle fest, dass der Autobahnlärm nahezu allgegenwärtig ist. Auf dem nahe der Grenze zu Praunheim liegenden Friedhof fällt mir der Verkehrslärm besonders stark auf. Eine Besonderheit des Friedhofs Westhausen ist der Ehrenfriedhof für italienische Kriegsopfer. 4788 italienische Militär- und Zivilangehörige, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind, haben dort ihre letzte Ruhestätte. Zudem gibt es auf dem Friedhof einen Trauerhain für naturnahe Bestattungen. Es war 2002 der erste seiner Art in Frankfurt.

Mit einem Blick beim erneuten Überqueren der Autobahn aus der Vogelperspektive über die Kleingartenanlage Fuchstanz mache ich mich wieder auf den Weg zurück ins Stadtteilzentrum in Richtung Bahnhof – schließlich warten da noch die Marktstände mit Leckereien auf mich.

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