Fahrzeugbetriebe fordern mehr Ladestellen und ein stärkeres Stromnetz Skepsis zum Thema E-Auto

Kein Ladebedarf in der Nacht: Verwaiste E-Tankstelle auf einem Parkplatz an einem Einkaufszentrum in der Langenselbolder Nachbarschaft.

Langenselbold – Der Verbrennungsmotor soll ein Auslaufmodell sein, so hat die Politik zugunsten klimafreundlicherer Fahrzeugantriebe entschieden. Vertreter von Autohäusern und -werkstätten sowie der lokalen Politik haben nun unter dem Titel „Elektromobilität – Herausforderung für Stadt und Land“ diskutiert. Eingeladen hatte die CDU-nahe Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Main-Kinzig. Als Örtlichkeit hatte sie sich als passenden Rahmen die Langenselbolder Lackier- und Karosseriewerkstatt Beckl ausgesucht.

Die meisten der rund 20 Teilnehmer äußerten sich eher skeptisch über den aktuellen Stand, besonders was die Ladeinfrastruktur anbelangt, und sehen daher die Kommunen in der Pflicht.

Der für Wirtschaft, Arbeit und digitale Infrastruktur zuständige Kreisdezernent Winfried Ottmann hatte begleitend zu seiner Rede einen Packen Folien über den Beamer gezeigt, mögliche Perspektiven und Konzepte nicht zuletzt für die Stromversorgung der Autos. Aber die Lösung hatte auch Ottmann nicht parat. Viele Schlagworte und Optionen fanden sich in seiner Präsentation wie „Wissenstransfer organisieren“, Verweise auf die digitale Gesellschaft und Vernetzung mit einer Fachhochschule. Denn es geht nicht allein darum, ausreichend Ladesäulen zu installieren, sondern wie die Fahrzeuge einmal auch als Stromspeicher fungieren können, wenn die künftig weitgehend regenerativ erzeugte Energie ob der Spitzenzeiten nur begrenzt zur Verfügung steht.

„In Berlin sitzt so manch einer, der vom Praktischen nicht so viel Ahnung hat“, bemerkte Ottmann zur Bundespolitik. Auch ließen sich nicht alle Fahrzeuge wie gefordert mit E-Antrieb ausstatten. Elektrobusse seien etwa in der Stadt Gelnhausen wegen ihrer Topografie nicht brauchbar, so der Kreisbeigeordnete.

Einige Praktiker ob ihres Berufs saßen hingegen in der Diskussionsrunde. Ein Autohausbesitzer beklagte die zu geringe Anschlussleistung des Stromnetzes für ausreichend viele Ladesäulen auf seinem Betriebsgelände. Denn die dort stehenden Fahrzeuge müssen allein wegen der Erhaltungsladung an das Kabel. Für den gastgebenden Autospengler Beckl stellt sich die Situation nicht anders dar. Eine einfache Wallbox, wie sie Privatleute in ihre Garage installieren, sei wegen der langen Ladezeiten für den Betrieb nicht tauglich.

Patrick Heck, Vorsitzender der Selbolder MIT, machte denn auch in seinem Vortrag mit Bildern sehr deutlich, wie sich mancher E-Autobesitzer hilft, der das Fahrzeug hausnah an der Straße parkt – eine Stromleitung vom Garten über den Gehweg gelegt.

„Ist das noch Aufgabe der Kommunen?“, fragte Ottmann zum Mangel an Ladesäulen. Die Crux bestehe offenbar nicht allein in den fehlenden Anschlüssen, sondern auch darin, dass die Stromversorgung in den Quartieren der künftigen Zahl an Elektroautos kaum gewachsen sei. Die MIT forderte, zumindest in Neubaugebiete gleich dickere Kabel zu verlegen und stärkere Transformatoren zu installieren oder zumindest die Voraussetzungen zu schaffen, dass eine nachträgliche Netzverstärkung schnell und ohne hohe Kosten erfolgen könne.

Wer heute an die leistungsstarken Stromleitungen wolle, müsse für die notwendige Verteileranlage rund 60 000 Euro an den Netzbetreiber zahlen, hieß es von den Branchenvertretern.
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