Maintaler Kleingärtnervereine haben lange Wartelisten Boom durch Corona

Ina und Lars Doering beim Unkrautjäten in ihrem 300 Quadratmeter großen Garten, der in der Anlage „Nurlache“ des Kleingärtnervereins Dörnigheim liegt. Ein Jahr mussten sie auf den Anruf warten.

Maintal – Die Erde im Gemüsebeet lockern, Unkraut rupfen, Rasenmähen. Was für die meisten nach lästiger Arbeit klingt, ist für Lars Doering Freude pur. Seit Anfang des Jahres sind der Dörnigheimer und seine Frau Ina stolze Pächter eines Kleingartens. Knapp 300 Quadratmeter groß ist das Grundstück, das in der Anlage „Nurlache“ des Kleingärtnervereins Dörnigheim liegt. „Wir haben jede Menge Obstbäume gepflanzt. Das wird herrlich“, sagt der 44-Jährige und strahlt.

Mit ihrer Begeisterung sind die Doerings in bester Gesellschaft: Immer mehr Menschen haben Freude am Gärtnern; Kleingartenvereine werden regelrecht überrannt. „Wir registrieren seit Jahren eine deutlich erhöhte Nachfrage“, erklärt Klaus Beuermann vom Landesverband Hessen der Kleingärtner. Nicht nur in Ballungsbieten können sich viele Vereine vor Anfragen kaum retten.

Auch die drei Maintaler Kleingartenvereine spüren den Boom. Wer auf schnelles Gartenglück hofft, wird allerdings enttäuscht. „Bei uns stehen zurzeit 38 Interessenten auf der Warteliste“, sagt Winfried Langer, stellvertretender Vorsitzender des KGV Dörnigheim. In einer Mappe hat er alle E-Mails der vergangenen Monate abgeheftet, wöchentlich kommen neue hinzu. „Wir gehen nach der Reihenfolge. Aber ein bisschen Mühe mit dem Anschreiben schadet natürlich nie“, sagt Langer. Aktuell beträgt die Wartezeit für die 86 Gärten in den drei vereinseigenen Anlagen zwei Jahre. Gerade mal ein bis zwei Gärten pro Jahr werden frei. Freiwillig gebe fast niemand sein Idyll auf.

Auch beim KGV Hochstadt ist die Warteliste mit aktuell 28 Bewerbern voll. Durch Corona sei die Nachfrage regelrecht explodiert, berichtet der Vorsitzende, Salih Tasdirek. „Viele Familien leben mit ihren Kindern in kleinen Mietwohnungen. Wo sollten sie hin ohne eigenen Garten“, sagt er. Selbst aus Hanau, Frankfurt und Offenbach erreichen den Verein Anfragen. Mitglied kann allerdings nur werden, wer in Maintal wohnt. So sagt es die Satzung. Um den Bedarf zu decken, würde sich der Verein gern vergrößern. Doch die Suche nach einem neuen Grundstück verläuft bislang erfolglos, auch die Stadt habe keine Fläche vermitteln können.

Beim KGV Bischofsheim ist die Zahl der Anfragen seit Corona ebenfalls sprunghaft angestiegen. Um der Flut Herr zu werden, bieten die Vorstandsmitglieder mittlerweile jeden zweiten Sonntag eine Sprechstunde an, in der Bewerber über Rechte und Pflichten aufgeklärt werden. „Da trennt sich meist die Spreu vom Weizen“, erzählt Vorsitzender Karl-Heinz Bank. Wer einen Garten pachten möchte, muss dem Verein beitreten, zuerst als passives Mitglied. Bekommt er den Zuschlag, wird eine Abstandszahlung fällig. Je nach Zustand der Parzelle sind das zwischen 3000 und 3500 Euro, die der neue Pächter an den Vorgänger zu entrichten hat, erzählt Bank. Wer jedoch denkt, dass es mit der Unterschrift getan ist, irrt. „Ein Kleingarten ist kein Freizeitgelände. Er muss permanent bewirtschaftet werden. Da reicht es nicht, einmal am Wochenende zu gießen“, so der Vorsitzende des KGV Bischofsheim.

Wie der Kleingarten auszusehen hat, regelt bis heute das Bundeskleingartengesetz. Vor allem über die Einhaltung der sogenannten Drittel-Regelung wachen die Vorstandsmitglieder: Mindestens ein Drittel der Fläche muss der Pächter gärtnerisch nutzen und dort Obst, Gemüse und Kräuter für den Eigenbedarf anbauen. Höchstens ein Drittel darf baulich durch die Laube, eine Terrasse oder Wege genutzt werden, ein weiteres Drittel für den Ziergarten samt Sträuchern, Hecken und Blumen. „So ein Anblick ist natürlich nicht erfreulich. Da wird es wohl eine Abmahnung geben“, sagt Winfried Langer, als er vor einem völlig zugewucherten Garten steht. Der Verein habe seine Anlagen ebenfalls von der Stadt gepachtet. „Da ist es unsere Pflicht, alles in Ordnung zu halten.“ Wie man den Vorstand glücklich macht, sieht man direkt gegenüber. Im Garten einer jungen Frau gedeihen Bohnen und Tomaten in Reih und Glied, in einem Hochbeet wachsen glatte Petersilie und Schnittlauch. Mit wie viel Leidenschaft sich manche Pächter dem Anbau widmen, erstaune ihn immer wieder, sagt Langer.

Dass die Mitglieder mittlerweile aus vielen Ländern kommen und ihre Kultur einbringen, freut Winfried Langer. Was fehlt, sei das Gemeinschaftsgefühl. Gerade mal 20 der insgesamt 98 Mitglieder kamen zum traditionellen Reibekuchen-Essen im Herbst. „Viele wollen lieber vor sich hinwurschteln. Aber gemeinsam feiern oder ein Amt übernehmen, das will heute keiner mehr“, so Langer.

Unterm Strich überwiege jedoch die Freude, dass die Kleingartenvereine angesagter sind denn je. „Immer mehr Menschen interessieren sich für Pflanzen und Naturschutz und haben Freude daran, Gemüse selbst anzubauen. Das ist schön.“.
 kbr