Reinhold Gesser hütet ein Karussell aus alter Zeit Ein ganz besonderes Spielzeug

Hanau – Ob es noch eine Überraschung ist? Oder ist schon was durchgesickert zu den Enkeln und diese wissen, an was der Opa da bastelt? Eigentlich ist’s einerlei. Denn strahlende Augen und staunende Blicke wird es auf jeden Fall geben, wenn Reinhold Gesser ein wahres Kleinod präsentieren wird: Ein Spielzeugkarussell, das besonders ist und das eine ebenso besondere Geschichte hat.

Alles an dem Karussell ist handgemacht. Und das in einer Zeit, in der es nicht viel gab. Auch kaum Werkzeuge. „Mit glühenden Nägeln haben mein Urgroßvater und mein Großvater Löcher ins Holz gebrannt“, weiß Gesser über die Entstehungsgeschichte des rund einen Meter hohen Karussells. Pferde drehen sich darauf, auch Kutschen. Alles filigran gesägt, gefeilt, bemalt in unzähligen Stunden und mit viel Einfallsreichtum. Der Urgroßvater war Schuhmacher, der Großvater Drucker. Beide verband offenbar großes handwerkliches Geschick und enorme Ausdauer beim Bau des Spielzeugkarussells.

„Die Gondeln sind aus Fahrradlampengehäusen der Klein-Auheimer Firma Bauer gefertigt“, erzählt Reinhold Gesser, „und die Bilder an der umlaufenden Galerie Teile aus Etiketten von Zigarrenkisten.“ Durch eine ausgeklügelte Technik drehten sich die Gondeln um sich selbst automatisch mit, wenn das ganze Karussell in Bewegung war. Außerdem kann das Unikat stimmungsvoll illuminiert werden, mit zwei separat zu schaltenden Belichtungsreihen.

Ein Bericht unserer Zeitung über ein doppelstöckiges Karussell, das  sich als Neuerung beim diesjährigen Hanauer Weihnachtsmarkt (21. November bis 22. Dezember) auf dem Marktplatz drehen wird, veranlasste Gesser, die Geschichte seines zweistöckigen Spielzeugkarussells („Eine absolute Rarität“) zu erzählen.

Es gibt eine Schwarz-Weiß- Aufnahme, die Gesser, der am ersten Weihnachtstag 1948 geboren wurde, zusammen mit seiner älteren Schwester in Kindertagen neben dem Karussell zeigt. Damals stand das Schmuckstück im Gesserschen Elternhaus in der Steinheimer Altstadt, wurde zu Weihnachten auf- und später komplett wieder abgebaut.

„Vor vielen Jahren hat es mein Vater dann wieder für seine ersten Enkel aufgestellt“, sagt Gesser, für die Kinder seiner Schwester. Seitdem war es eingemottet, auch weil Reinhold Gesser die Kenntnis fehlt, es so zusammenzusetzen, dass es funktionsfähig ist.

Was mit dem Kleinod in Zukunft passiert, ist ungewiss. „Ich hatte Kontakt mit dem Hessischen Puppen- und Spielzeugmuseum“, berichtet der im Musikerviertel lebende Hanauer. Eine Ausstellung des beeindruckenden Werks im Wilhelmsbader Museum sei bisher aber unter anderem an der Versicherungsfrage gescheitert.

In diesem Jahr zumindest soll das Familienkarussell im Hause Gesser in neuem Glanz erstrahlen. Reinhold Gesser ist dabei, es zu säubern und etwas aufzubereiten, um das Werk mit der besonderen Geschichte zur Weihnachtszeit seinen eigenen Enkeln zu präsentieren.

Und auch wenn sich das Karussell nicht mehr antreiben lässt, weil der Elektromotor irgendwann abhandengekommen ist, sind die strahlenden Augen der Enkel wohl vorprogrammiert.
 cs.