Verpackter Arc de Triomphe Hanau eingehüllt

Hoch oben in Stein gemeißelt: Der Schriftzug „Hanau“ auf dem Arc de Triomphe in Paris erinnert an Napoleons letzten Sieg auf deutschem Boden im Herbst 1813. Foto/Repro: Werner Kurz

Hanau/Kassel/Paris – Sie standen recht ratlos vor dem Objekt, das halbe Dutzend aus Hanau angereister Jungrevolutionäre: Die riesige Plastikwurst weigerte sich standhaft, aufrecht in der Luft stehen zu bleiben. Nun ja, es war Kunst und der Wind wehte.

Man schrieb das Jahr 1968, Revolution mithin allenthalben und man befand sich auf der „documenta“ in Kassel. Auch auf der schon damals renommierten Kunstschau wehte ein Wind der Veränderung; der echte Wind draußen brachte derweil beinahe die riesige Kunststoffwurst zum Umfallen und verschaffte einem nahezu unbekannten Künstler Aufmerksamkeit: Christo Jawaschew.

Der trat damals noch ohne seine 2009 verstorbene Angetraute Jeanne-Claude auf und nannte seine fragile Plastik „verpackte Luft“. Und mit Verpackungen aller Art von Einkaufswagen bis zum Reichstag in Berlin sollten die beiden alsbald weltweit Furore machen.

Aber Christo, der im Juni vorigen Jahres als einer der weltweit bekanntesten Künstler starb, wirkt über seinen Tod hinaus. Jetzt wurde unter Anleitung von Christos Neffen in Paris der Arc de Triomphe verpackt. Womit wir wieder bei Hanau wären. Denn unter den glänzenden Folienbahnen, die das Bauwerk verhüllen, verschwindet auch Hanau. Ja, „Hanau“ ist auf dem Arc de Triomphe in Paris an prominenter Stelle in den Stein gemeißelt.

Dazu gehört ein Blick in die Geschichte, genauer in das Jahr 1813. Napoleon hatte mit der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig den Zenit seiner Macht überschritten, militärisch schien er besiegt. Seine geschlagene Streitmacht befand sich auf der Flucht und die Reste der Grande Armée suchten den Rhein, suchten Frankreich zu erreichen.

Und just hier, vor den Toren der Stadt fand am 30. und 31. Oktober 1813 die letzte Schlacht Napoleons auf deutschem Boden statt. Unter dem Befehl des späteren Feldmarschalls von Wrede wurde die „Schlacht bei Hanau“ indes zum Desaster. Die fahrlässige Aufstellung der Truppen mit dem Rücken zur hochwasserführenden Kinzig und eine krasse Unterschätzung der verbliebenen Schlagkraft von Napoleons Garde kostete bald 15 000 Soldaten das Leben – und brachten dem Franzosenkaiser einen letzten Sieg. Und Hanau damit auf den Triumphbogen in Paris.

Der Arc de Triomphe wurde nämlich ab 1806 genau zu dem Zweck errichte, die glorreichen Siege des Korsen zu verewigen. In Stein gemeißelt finden sich darauf all die Orte, wo einst die Grande Armée siegreich war. Dazu gehört eben auch, dass der Name „Hanau“ dort steht und aktuell, um der Kunst willen, allerdings für ein paar Tage hinter der flatternden und wogenden Umhüllung Christos aus Kunststoff verschwunden ist.
 rz