Appell an Vernunft der Waldbesucher Kein Wasser im Wald

Ausgetrocknet: Jagdpächterin Heidi Weber und Jäger Joachim Kampa an der großen Wasserstelle im Bruchköbeler Wald, in der nach knapp zwei Wochen nur noch eine Pfütze von den vormals mehreren tausend Litern zeugt.

Bruchköbel – „Wenn die Dürre so weitergeht, wird es immer enger für die Wildtiere im Wald und auf dem Feld, noch genügend Wasser zum Überleben zu finden. Deshalb haben wir vor zwei Wochen angefangen, Wasserstellen im Wald anzulegen“, erklärt Jagdpächterin Heidi Weber beim Termin vor Ort.

Sie und ihr Team von fünf weiteren Jägern, die ein Gebiet von 200 Hektar Wald und 150 Hektar Feld betreuen, versuchen mit ihrer Aktion, das lebensnotwendige Nass für alle tierischen Bewohner vom Vogel bis zum Rehwild in den Wald zu schaffen.

„Der Bruchköbeler Wald ist eigentlich ein Feuchtwald, zudem steht in den vielen alten Bombentrichtern und neu angelegten Entwässerungsgräben für das Neubaugebiet ‚Im Peller’ immer Wasser. Doch schon in den zurückliegenden heißen Sommern hat sich angedeutet, dass die Situation sich bis zur absoluten Trockenheit zuspitzen wird. Jetzt ist die Lage katastrophal, ohne Hilfe sterben uns die Tiere weg“, beschreibt Joachim Kampa die dramatische Situation. „Wir Jäger sind ja nicht nur da, um den Wildbestand zu regulieren. Wir sind auch Tier- und Naturschützer, und in dieser Rolle sehen wir das Anlegen von Wasserstellen als unabdingbar an“, betont Heidi Weber, die die Pacht von ihrem Schwiegervater und ihrem Mann, die beide 2020 gestorben sind, geerbt hat.

Sind es in der Feldgemarkung vor allem Rebhühner und Fasane, die unter der Trockenheit leiden, trifft es im Wald von der Maus über Vögel, Marder, Hasen, Fuchs, Dachs, Waschbär, Wildschwein und Rehwild die gesamte Tierwelt. Ein Großteil des Areals ist komplett trocken, lediglich Richtung Bärensee ist noch Feuchtigkeit im Boden. Das reicht allerdings nicht, um den Durst der Waldtiere zu löschen.

Deshalb hat das Jägerteam in einer konzertierten Aktion eine große Wasserstelle und Suhle angelegt, deren mehrere tausend Liter Füllung aber innerhalb der knapp zwei Wochen bis auf einen kleinen Rest schon wieder ausgetrocknet ist. „Mit Max Köhler von der Baumschule haben wir einen engagierten Helfer, von dem wir das Wasser bekommen, das auf einem Anhänger mit Behälter an die Suhle gebracht wird“, freut sich Heidi Weber über die Unterstützung.

Dass diese Suhle von allerlei Wildtieren gut angenommen wird, beweisen Fotos einer Wildkamera, die Weber, sobald sich dort Tiere zeigen, per WLAN auf das Mobiltelefon überspielt werden. „Rehwild, Sauen mit Frischlingen, Fuchs und Waschbär waren vergangene Nacht an der Wasserstelle“, resümiert die Jägerin.

An anderen Stellen im Bruchköbeler Wald, abseits von Wegen an kleinen Pfaden, haben die Jäger Plastikgefäße im Boden vergraben. „Diese Wasserstellen sind nur zu Fuß erreichbar, und wir müssen das kostbare Nass mit Eimern dorthin tragen“, beschreibt Joachim Kampa die beschwerliche Arbeit. Aber auch dort gibt es eindeutige Spuren von verschiedensten Tierarten, die ihren Durst löschen. „Es sind vor allem Kleintiere, die sich dort mit Wasser versorgen“, stellt Heidi Weber fest, die aber auch an einer Stelle Spuren von Wildschweinen zeigt.

Im Bruchköbeler Wald leben derzeit geschätzt 40 Wildschweine und 50 Stück Rehwild, letztere Tierart muss auf einer vorgeschriebenen Zahl gehalten werden, damit die Tiere nicht zu viele junge Baumtriebe, vornehmlich Eichen, verbeißen, sprich fressen. „Derzeit wächst das Springkraut, ein sich schnell ausbreitendes Unkraut noch gut, das fressen die Rehe wegen der saftigen Blätter derzeit sehr gerne“, berichtet Weber. Sie betont, dass die Tiere an den Wasserstellen unter Schutz stehen und dort nicht geschossen werden: „Neben der Hege und Pflege wie Anlegung von Wildäckern und der Beachtung der Abschusszahlen müssen im Revier regelmäßig rund 50 Hochsitze auf festen Stand geprüft und notfalls repariert werden.“

Und bei jedem Kontrollgang finden die Jäger viel Müll, der im Wald von Spaziergängern achtlos weggeworfen wird, fügt Joachim Kampa hinzu.

Ein großes Problem ist, dass der Wald als Naherholungsgebiet in der Pandemie wiederentdeckt worden ist. Das hat zur Folge, dass viel mehr Spaziergänger, Wanderer, Jogger, Radfahrer und Hundebesitzer den Wald bevölkern und sich das Wild tagsüber gezwungenermaßen immer tiefer in Rückzugsgebiete flüchtet.

„Den Bestand zu reduzieren, ist deshalb nur noch nachts möglich. Wir haben eine Whatsapp-Gruppe und sprechen darüber ab, wer an welchem Tag wo jagt“, berichtet Weber. Sie appelliert an die Vernunft der Waldbesucher, nicht die Wege zu verlassen, um das Wild nicht noch mehr unter Stress zu setzen.

All diese Probleme, von der extremen Trockenheit bis zu den vielen Menschen im Wald mit ihren negativen Begleiterscheinungen, gibt es nicht nur im Bruchköbeler Wald, betont Heidi Weber, „Auch benachbarte Jagdpächter klagen über immer schwierigere Bedingungen für die Wildtiere.“
 tse

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