Zu ihrem 25. Geburtstag bekommt die Bischofsheimer Orgel neue Pfeifen Königliche Klangvielfalt

Die größten Pfeifen der Orgel waren zu schwer für ihre Füße und mussten erneuert werden. Kantorin Tetens ist mit dem Ergebnis zufrieden. Bild: bettina merkelbach

Maintal – Jede Orgel ist ein Unikat, sie spielen zu können, eine Kunst für sich. Immerhin vereint die „Königin der Instrumente“ eine große Vielfalt ganz unterschiedlicher Klangwelten. Doch je weniger Gemeinden es gibt, desto weniger Orgeln werden gebaut. Umso glücklicher ist die Bischofsheimer Kantorin Andrea Tetens über „ihre“ Orgel. „Wir wissen zu schätzen, was wir hier haben“, sagt die Kirchenmusikerin über die Fischer-und-Krämer-Orgel, die Organisten aus aller Welt anzieht. 25 Jahre alt wird das mächtige Instrument in diesem Jahr. Eigentlich kein Alter für eine Orgel. Aber aufgrund einer Fehleinschätzung des Orgelbauers mussten jetzt die fünf größten Pfeifen ausgetauscht werden. Im Zuge des Pfeifentauschs wurde auch gleich die Elektronik auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. „An sich war die Elektronik in Ordnung. Aber es gibt neue EU-Vorschriften, die mehr Sicherungen vorschreiben, damit kein Kurzschluss entsteht“, erklärt Kantorin Tetens.

Die Pfeifen mussten ausgetauscht werden, weil sie in sich zusammengesackt sind. Das Material ihrer Füße war zu weich dimensioniert worden. Es hielt über die Jahre dem Gewicht der bis zu fünf Meter hohen Metallpfeifen nicht stand, sodass der obere Teil der Pfeifen den Fuß nach und nach zusammendrückte.

„Der Orgelbauer hat versucht, die Pfeifen mit verschiedenen Halterungen abzustützen, aber das war nur ein Provisorium“, erklärt Tetens. Deshalb mussten die Pfeifenfüße jetzt ausgetauscht werden. „Dazu mussten die Pfeifen ausgebaut und in die Werkstatt bei Stuttgart gebracht werden. Dort wurden passende neue Pfeifenfüße aus Zink hergestellt, das härter als die vorige Legierung ist“, berichtet Tetens. Die neuen Füße hat der Orgelbauer, der das Bischofsheimer Instrument seit seinem Einbau 1989 betreut und wartet, wieder eingebaut. „Anschließend wurden die Pfeifen so intoniert, dass man nicht hört, dass sie aus einem anderen Material sind“, sagt die Kantorin, der selbst kleinste Klangnuancen aufgefallen wären. Doch sie ist mit dem akustischen Ergebnis der neuen Pfeifen mit Zinkfüßen hochzufrieden: „Das hat der Orgelbauer wirklich gut hingekriegt. Man hört keinen Unterschied.“

Der Pfeifentausch fand in den Wintermonaten statt, in denen die Kirche ohnehin nicht genutzt wurde, weil sie nicht geheizt werden konnte. Die Gottesdienste fanden in dieser Zeit im Gemeindehaus statt, sodass der Orgelbauer das Instrument in der Kirche ungestört reparieren und stimmen konnte.

Denn das dauert seine Zeit. Der Einbau der mittig positionierten Pfeifen war nämlich alles andere als einfach. In die Orgel musste der Orgelbauer einsteigen. Dafür ist nicht nur Geschicklichkeit, sondern auch Fachwissen gefragt. „Es gibt nur noch zwei Firmen in Deutschland, die solche Ersatzteile fertigen“, sagt Andrea Tetens. Und auch das Stimmen dauert mehrere Tage und setzt ein perfektes Gehör voraus. Der Orgelbauer muss also ein Multitalent sein.

Gebaut hat er die Bischofsheimer Orgel vor 25 Jahren. Zuvor hatte eine rein mechanische Walcker-Orgel in der Kirche gestanden. Sie hatte wie die jetzige Orgel ihren Platz auf der rechten Seitenempore, stand allerdings ganz vorne und hing mit zwei Pfeifenfeldern über die Brüstung. Die Orgel verfügte über 18 klingende Register. Zungenstimmen, die einer Klangfarbe Kraft verleihen und Lautstärke liefern, hatte sie keine, weil diese als sensibel und schwer zu stimmen galten. Auch das Pedal war zu schwach dispositioniert. Deshalb überlegte der Kirchenvorstand, ob die Orgel erweitert werden könnte. Als Tetens als erste hauptamtliche Kantorin 1995 ihre Stelle in Bischofsheim antrat, war die Erweiterung nach wie vor in Planung, aber die Orgel bot dafür keinen Platz. „Die Orgel an ihrem Standort zu erweitern, wäre so teuer wie eine neue geworden“, erinnert sich Tetens. Vier zurate gezogene Orgelbauer rieten davon ab und zu einem Neubau. Der Kirchenvorstand besichtigte mehrere Orgeln verschiedener Bauer und beauftragte 1998 schließlich die Orgelbauwerkstatt Fischer und Krämer in Endingen mit dem Neubau einer Orgel mit 31 Registern auf zwei Manualen und Pedal.

Die Orgel wurde Ende Juli eingebaut, die alte Walcker-Orgel an eine Gemeinde in Berlin verkauft.
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