Vorsitzender der Bürgerhilfe Maintal sieht den Verein gut gewappnet Neue Ideen sind willkommen

Die Bürgerhilfe befindet sich in der Neckarstraße 13 in Dörnigheim. Auch die Tafel, Herzstück des Vereins, ist hier untergebracht.

Maintal – Vor dem Gebäude der Bürgerhilfe Maintal in der Neckarstraße 13 herrscht hektisches Treiben. Die Transporter der Tafel sind gerade zurückgekommen, Kisten und Paletten müssen abgeladen und die Lebensmittel verräumt werden. Im Besprechungsraum im ersten Stock sitzt Wilfried Siegmund, vor sich den Jahresbericht 2021. Viel ist zu lesen in diesen Tagen über Vereine in der Krise. Erst Corona-Pandemie, jetzt explodieren die Energiepreise. Siegmund aber sieht keinen Grund zu klagen. „Auch hinter uns liegen herausfordernde Zeiten. Aber wir stehen trotz Pandemie gut da.“

Seit sechs Jahren ist der Dörnigheimer Vorsitzender der Bürgerhilfe und damit Chef von Maintals größtem Verein. Mehr als 2400 Mitglieder, davon 300 aktive, hat die Bürgerhilfe. „Das ist eine Zahl, auf die wir stolz sind“, sagt Siegmund.

Gegründet im Jahr 2000, versteht sich die Bürgerhilfe als Netzwerk für ein lebendiges Miteinander und Füreinander in Maintal. Das Angebot umfasst Hilfsdienste wie etwa Hausbesuche, Begleitung zum Arzt, zu Behörden oder zum Einkaufen oder Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen. Außerdem bietet der Verein Lernangebote und Veranstaltungen an. Die Tafel, ein Textil- und Kindershop sowie der Leihladen in der Edmung-Seng-Straße werden ebenfalls vom Verein betrieben.

Die Angebote richten sich überwiegend an ältere Menschen aus Maintal und deren Angehörige. Sie können die Hilfsdienste weitgehend kostenlos in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist eine Mitgliedschaft in der Bürgerhilfe. Grade mal 6 Euro im Jahr kostet der Beitrag für Einzelpersonen, Familien zahlen 10 Euro. „Bei 2400 Mitgliedern sind das wichtige Einnahmen, auf die wir auch im schwierigen Corona-Jahr 2021 setzen konnten“, sagt Siegmund. Hinzu kommt, dass der Verein keine festangestellten Kräfte beschäftigt. Alle Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig. Ein entscheidender Faktor, um die Kosten niedrig zu halten, sagt Siegmund. Massenhafte Austritte, wie sie viele Vereine während der Pandemie beklagten, habe es bei der Bürgerhilfe nicht gegeben. Die meisten Mitglieder seien über 70 Jahre alt und mit Herzblut dabei. „Die Leute sterben eher, als dass sie austreten“. Auch die Unterstützung von Stadt, Kreis und Land habe dazu beigetragen, dass die Bürgerhilfe das Jahr 2021 gut gemeistert habe. Einen Spendenrückgang, ausgelöst durch Inflation und Ukraine-Krieg, habe der Verein ebenfalls nicht feststellen können. Im Gegenteil. „Das Spendenaufkommen ist sogar etwas höher als in früheren Jahren“, so Siegmund. Größter Kostenträger des Vereins ist die Tafel, die aktuell rund 750 Bedarfsgemeinschaften mit Lebensmitteln versorgt. Neben den Kosten für die beiden Transporter schlagen vor allem die Engeriekosten für die Räumlichkeiten zu Buche. Denn um die Kühlkette einzuhalten, braucht die Tafel einen Kühlraum, Tiefkühltruhen und zwei Klimaanlagen. „Daran können wir nicht sparen“, betont Siegmund. Noch habe der Vorstand keine konkreten Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen. Wahrscheinlich sei, dass die Räumlichkeiten in dem insgesamt 750 Quadratmeter großen Gebäude in der Neckarstraße nur noch bis 19 Grad geheizt werden.

Für die Zukunft wünscht sich Siegmund, der auch Stadtverordneter für die CDU in Maintal ist, dass der Verein auch jüngere Mitglieder gewinnen kann. Erfahrungsgemäß wisse aber auch er, wie schwierig das ist. „Zu uns kommen Menschen, die hilfsbedürftig sind. Und das sind nun mal eher ältere. Und auch die ehrenamtlichen Aktiven sind fast alle jenseits der 70. Den Jüngeren fehlt die Zeit, sich neben dem Job noch freiwillig zu engagieren.“ Auch Siegmund stieß erst als Rentner zur Bürgerhilfe. Etwas Sinnvolles habe er machen wollen, erzählt er, hilft zunächst als Fahrer bei der Tafel, wird dann zweiter Vorsitzender und 2016 schließlich Vorsitzender. „Die Gesellschaft funktioniert nur über das Ehrenamt“, ist er überzeugt.

Wer eigene Ideen für neue Veranstaltungen oder Projekte habe, sei jederzeit herzlich willkommen. Allerdings: Nicht immer kommen neue Angebote an, berichtet der Vorsitzende. So stieß das Rudelsingen auf wenig Resonanz, auch der Eltern-Kind-Treff konnte sich nicht etablieren. „Wahrscheinlich gibt es genug andere Angebote für Familien und Jüngere. Unsere Zielgruppe ist eine andere“, mutmaßt Siegmund.

Aktuell sind die Spielenachmittage, der Kaffeeklatsch, Spaziergänge und das Waldbaden besonders beliebt. Und im Dezember soll – nach zwei Jahren Corona-Pause – endlich wieder das Advents-Kaffeetrinken im evangelischen Gemeindezentrum stattfinden. 200 Besucher seien früher zusammengekommen, berichtet Siegmund. „Wir hoffen, dass wir das für die älteren Menschen in der Stadt endlich wieder aufleben lassen können.“ kbr