Das Leben des Schriftstellers Horst Samson wird bestimmt von seiner Lyrik Die Sprachmelodie muss stimmen

Horst Samson ist einer der Mitherausgeber von Salman Rushdies Satanische Verse gewesen.   Foto: privat

Neuberg – Anfang März war von ihm wieder zu hören, als er auf YouTube seinen erweiterten biografischen Essay über Paul Celan vorstellte. „Was mich neben der poetologischen Kraft und Macht seiner Sprache am stärksten beeindruckt, das ist sein mitunter verzweifeltes Ringen, die Grenzen des Sagbaren peu à peu zu verschieben, hinaus zu dehnen ins Universale, und neue Räume des Ausdrucks schreibend abzustecken“, bringt Horst Samson seine Interesse am Dichter auf den Punkt. Die Premiere kam, wie so vieles von dem, was Samson macht, sehr gut bei den Zuhörern an. Ein ihm bekannter Professor erklärte postwendend den Essay ab sofort zur Pflichtlektüre für seine Germanistik-Studenten.

Denn Samson kann Sprache. Er ist dem Schreiben regelrecht verfallen, vor allem der Prosa und der Lyrik. Auch in seinen Berufsjahren stand das Schreiben im Fokus. Samson war auch Journalist. Knapp zwanzig Jahre arbeitete er als Chefredakteur des Bad Vilbeler Anzeigers. Doch: „Mit dem Journalismus habe ich Geld verdient, mit der Schriftstellerei gehe ich einer tiefen Leidenschaft nach, die ich lange immer zurückstecken musste“, verrät er.

Samsons Themen sind seiner Biografie geschuldet. „Meine Ideen entstehen in Reibung mit der Umwelt. Aus einem Impuls heraus kommen die verschütteten Stoffe wieder hoch, und ich verarbeite sie in anderen Kontexten“, erläutert er.

1987 kam Samson aus Rumänien nach Deutschland. Bis dahin hatte er in seiner Heimat als Lehrer, Schriftsteller und - natürlich - Journalist gearbeitet. Als er als Sprecher der Aktionsgruppe Banat die zunehmenden Einschränkungen der kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten für Deutsche in Rumänien kritisierte und der Regierung einen Forderungskatalog vorlegte, geriet er zunehmend ins Visier der rumänischen Staatssicherheit Securitate. Als deren Repressalien und Bedrohungen zunahmen, stellte Samson einen Ausreiseantrag. „In Deutschland Fuß zu fassen, war nicht schwer, auch wenn ich zunächst arbeitslos war. Aber meine Frau und ich hatten genügend zu tun, um die ganzen Unterlagen für uns, unseren Sohn, Eltern und Großmutter, die ebenfalls mitgekommen war, zusammenzubekommen“, sagt er rückblickend. „Ich war 33 Jahre alt und sorgloser als heute.“

In Deutschland kam Samson über viele Stationen – Nürnberg, Heidelberg, Leonberg – zunächst nach Hanau, später dann nach Neuberg, wo er noch heute lebt. Sein ursprüngliches Ziel, Geld mit der Schriftstellerei zu verdienen, musste er, wie schon zuvor in Rumänien, auch in Deutschland erstmal aufgeben. Allerdings gewann er kurz nach der Übersiedelung ein Stipendiat des Deutschen Literarturfonds Darmstadt, sodass er monatlich 2500 Mark steuerfrei zur Verfügung hatte und seiner Leidenschaft frönen konnte. „Ansonsten arbeitete ich tagsüber als Journalist; in der Nacht verfolgte ich mein Projekt Schriftstellerei.“ Sein neuster Gedichtband kommt bald heraus, vor wenigen Tagen erst schickte Samson sein Manuskript an einen Verlag. Mehrere Monate hatte er daran gearbeitet. „Die Texte hatte ich zum Teil schon vor Jahren geschrieben. Sie mussten aber überarbeitet werden.“

In jedem Werk von ihm stecke Horst Samson drin, seine Ansichten, sein Sprachverständnis, sein ganz eigener Stil.

„Die Sprachmelodie muss einfach stimmen. Ich achte darauf, wie die Wörter sich zueinander verhalten.“ Bei seinem Werk „Meer im Rausch“, einem Band mit über hundert Gedichten über das Meer, habe er versucht, die Melodik der Natur in Sprache zu erfassen. Sein aufwendigstes Werk sei allerdings „La Victoire. Poem“ gewesen. In dem 2003 erschienenen, 81 Seiten umfassenden Lyrikband brachte Samson nicht nur seine eigene Familiengeschichte, sondern auch die der Rumäniendeutschen im Banat auf Papier. Das Schwierige an diesem Werk sei das Verdichten und gleichzeitige Präzisieren gewesen, berichtet er. „Zwei Drittel des Textes fielen am Ende weg. Aber Verdichten ist notwendig, dadurch gewinnt die Sprache erst an Bedeutung.“

Viele Auszeichnungen hat Samson im Laufe seiner beruflichen Karriere schon verliehen bekommen. Auszeichnungen seien schon deswegen wichtig, lenkten sie den Fokus doch auf den Autor und sein Werk. So habe der Nordhessische Lyrikpreis den Verkauf seines damaligen Buches „Kein Schweigen bleibt ungehört“ beflügelt.

Doch die schönste Auszeichnung, die er je bekommen habe, sei der erste Platz für „Das schönste Delfingedicht“ gewesen, welche die Gesellschaft zur Rettung der Delfine ihm verliehen habe. „Ich hatte für eine Münchner Zeitung ein Gedicht über Delfine geschrieben, weil die Uno das Jahr der Delfine ausgerufen hatte. Mein Preis bestand darin, dass meine Frau Edda und ich zehn Tage lang vor Teneriffa Delfine beobachten durften. Das war wunderschön.“
 gr